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Kümmelbrot und Marmelade
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Kümmelbrot und Marmelade

Michael Friedrich
Ein Beitrag von Michael Friedrich, Katholischer Diakon in der Pfarrei St. Peter und Paul, Hosenfeld
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Für die einen ist es Kümmelbrot mit Marmelade, für die anderen die feierliche Liturgie im Gottesdienst.

Es war ein Gespräch am Rande der letzten Hörfunkaufnahmen. Die zuständige Rundfunkredakteurin berichtete mir von ihren Bauplänen in Ober-Seibertenrod, einem kleinen Dorf im Vogelsberg: 1 Kirche, 47 Häuser und 250 Einwohner. Sie ist dort aufgewachsen und ein Teil ihrer Familie lebt dort, die Großeltern, Freunde und Bekannte. Ihr Fazit: "Ich fühle mich hier wohl, das ist Heimat für mich!" Heimat ist auch für mich ein Ort, an dem ich mich wohlfühle, an dem ich mich auskenne und mich heimisch fühle. Allein schon der Begriff sorgt bei mir für positive Gefühle.

Der Philosoph Arnulf Müller, er wohnt am Ortsrand in einem kleinen Dorf in der Rhön, führt in einem Zeitungsartikel aus: Heimat ist ein Wort, das jeder kennt, das einem geläufig ist – so wie der Begriff der Zeit. Man versteht es unmittelbar, aber man kann es nur schwer erklären. Heimat ist mehr als nur ein Raum. Heimat ist ein inneres Geschehen. Man beheimatet sich in einem Raum. Man wächst langsam in eine Welt hinein, meist in der Kindheit. Dieser vertraute Raum weitet sich. Man kennt Straßen und Wege. Man hat Klänge im Kopf wie Türen, die ins Schloss fallen, oder Kirchenglocken. Auch der Geschmack gehört dazu, wie vielleicht der von Kümmelbrot und Zwetschenmus darauf. Ebenso wie bestimmte Gerüche. Die Summe von Eindrücken bildet eine Atmosphäre, in der man aufwächst. Dieses gesamte Netzwerk, das man aufbaut, das ist Heimat. Wirklich bewusst wird einem Heimat aber, wenn man die Fremde gespürt hat. Dadurch entwickelt sich auch ein Blick für all das, was Heimat ausmacht. Der Text aus der Zeitung bringt mich zum Nachdenken darüber, wie die Menschen sprechen, etwa im Dialekt, ons Fölsch platt. Auch denke ich an die Art zu kochen oder an die typischen Gerichte. Für viele Menschen ist die Kombination von Kümmelbrot und Marmelade einfach unvorstellbar, für uns Bewohner des Fuldaer Landes aber Heimat. Heimat ist für mich aber auch mein Glaube. Mit und in ihm bin ich groß geworden. Feiere ich eine Messfeier in einer mir völlig fremden Sprache mit, bin ich dennoch immer im Bilde, um was es gerade geht. Das liegt an der festgelegten Liturgie mit den Gebärden und Symbolen. Für mich ein Gefühl von Heimat.

Für Christen ist Heimat auch dort, wo Menschen sich wie Geschwister annehmen. Für sie ist Heimat nicht mit einer Gegend verbunden. In der Bibel, im Brief des Apostels Paulus an die Philipper (3, 20) heißt es: "Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter." Die Bibel schaut also beim Thema weit über die gegenwärtige Zeit hinaus. Auch der Apostel Paulus verweist in seinem 2. Brief an die Korinther (5,1) auf die Ewigkeit: "Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel." Das wünsche ich jedem Menschen, aber auch eine sichere Bleibe im Hier und Jetzt. Und meiner Kollegin in der Kirchenredaktion ein gutes Gelingen des Bauwerkes. Dann kann Ober-Seibertenrod im nächsten Jahr bilanzieren: 1 Kirche, 48 Häuser und 251 Einwohner.

 

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