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Kinder brauchen Schutz
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Kinder brauchen Schutz

Andreas Wörsdörfer
Ein Beitrag von Andreas Wörsdörfer, Pastoralreferent, Katholische Pfarrei Dom St. Bartholomäus, Frankfurt am Main
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Heute am 28. Dezember begehen die christlichen Kirchen ein Fest, das mir schon als Kind grausam vorkam. Es ist bedrückend aktuell: das Fest der Unschuldigen Kinder. Das Matthäusevangelium im Neuen Testament der Bibel erzählt: König Herodes hat nach der Geburt Jesu alle männlichen neugeborenen Kinder in Betlehem umbringen lassen. Bedroht hat er sich gefühlt durch dieses eine Kind - Jesus. Denn seine Gelehrten hatten ihm von einer Weissagung erzählt: Aus Betlehem soll der Messias und der neue Herrscher über Israel kommen. Weil Herodes dieses Jesuskind aber nicht ausfindig machen konnte, soll er kurzerhand alle männlichen neugeborenen Kinder getötet haben, so die Bibel. Und deshalb wird dieser Gedenktag der Unschuldigen Kinder seit Jahrhunderten gefeiert. In Erinnerung an diese Tat.

Da schrillen die Alarmglocken

2000 Jahre später: Kirche und unschuldige Kinder. Da schrillen die Alarmglocken. Sofort kommen mir die Meldungen der letzten Jahre in den Sinn über den Missbrauch von Kindern, auch in der katholischen Kirche. Immer neue Fälle kommen ans Tageslicht.

In der Kirche waren viele Kinder schutzlos ausgeliefert

Und nun das Fest der „unschuldigen Kinder“. Traditionell werden heute in vielen Kirchen Kinder gesegnet, also unter Gottes Schutz gestellt. In der Kirche aber haben viele Kinder eben keinen Schutzraum erfahren, sondern waren ausgeliefert: Amtsträgern, die zu Tätern wurden.

Meine Kirche muss zuhören, aufarbeiten und Schutzräume schaffen

Deshalb: Das Fest der unschuldigen Kinder hat der Kirche etwas zu sagen. Ich möchte, dass meine Kirche schnell macht mit der Aufarbeitung der Fälle. Dass sie Ernst macht mit der Umkehr. Meine Kirche soll den Betroffenen zuhören und sich bedingungslos an ihre Seite stellen. Es muss Orte geben, an denen Kinder einen Schutzraum finden. Und gerade eine Gemeinschaft, die nach Jesu Vorbild leben will, muss solche Schutzräume zuverlässig bieten. In vielen Bistümern wird das auch schon ganz ehrlich angepackt, aber noch nicht überall so, dass die Betroffenen Gerechtigkeit verspüren. Und wenn ich die Nachrichten aus der Ukraine höre, aus dem Iran: Immer wieder sind es die Unschuldigsten, die Kinder, die leiden, die getötet werden. Das macht mich traurig und wütend.

Das Vertrauen der Kinder ist Vorbild und darf nicht missbraucht werden

Und was sagt Jesus? „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen.“ (Matthäus 18,3). Was soll das heißen? Es ist die Unvoreingenommenheit der Kinder, Ihre Offenheit, ihr Vertrauen. Das macht, dass sie nahe bei Gott sind. Gleichzeitig macht es sie aber auch verletzlich. Die Täter und Täterinnen nutzen genau das aus. Das Vertrauen der Kinder ist uns Vorbild und darf nicht missbraucht werden. Darum: Mehr Schutz für die Kinder. Mehr Offenheit, mehr Unvoreingenommenheit, mehr Vertrauen für uns Erwachsene, das wünsche ich mir heute am Tag der Unschuldigen Kinder.

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