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Weihnachtswunder
Bild: medio.tv / Striepecke

Weihnachtswunder

Tanja Griesel
Ein Beitrag von Tanja Griesel, Evangelische Pfarrerin, Fritzlar
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Wunder gibt es tatsächlich. Da, wo man sie überhaupt nicht erwartet. Mir ist es auf jeden Fall so ergangen. Beim Einkaufen.

Ein Blick auf die Sonderangebote im Laden

Ich stehe in einem Laden und suche nach einem neuen Oberteil. Da ist noch eine andere Frau. Sie probiert Kleider an. Von Zeit zu Zeit lüftet sie den Vorhang der Umkleidekabine und präsentiert ihr Outfit. Währenddessen betritt eine weitere Frau den Laden. Sie sieht sich um. Ihr Blick fällt auf die Preise, sie macht auf dem Fuße kehrt und will gehen. Da fällt ihr Blick auf die Sale-Angebote. Zwischen lauter übriggebliebenen Einzelteilen in Restgrößen hängt ein dicker Wollpullover in einem leuchtenden Blau.

„Der wunderbare Pullover ist immer noch zu teuer für mich“

„Sie dürfen den Pullover gerne anprobieren!“, ermuntert sie die Verkäuferin. „Das ist leider immer noch zu teuer für mich“, antwortet die Frau. Aber die Verkäuferin lässt nicht locker. „Sie müssen den Pullover nicht kaufen. Anprobieren dürfen sie ihn trotzdem.“ Die Frau ringt mit sich, lässt sich dann aber überreden. Wenige Minuten später steht sie vor dem Spiegel. Sie fährt mit den Fingerspitzen über die Wolle. „So weich“, sagt sie. „Ja“, sagt die Verkäuferin, „reine Wolle. Der hält schön warm.“

Eine andere Kundin kommt mit ihr ins Gespräch

Die andere Kundin kommt aus der Kabine, im Arm einen Haufen Kleidungsstücke. „Ich kann mich wirklich nicht entscheiden!“, sagt sie. Dann fällt ihr Blick fällt auf die Frau in dem blauen Pullover. „Die Farbe steht ihnen ausgezeichnet. Sie lässt ihre Augen leuchten. Ich würde den nehmen.“

Die Frau scheint sich nicht wohlzufühlen in ihrer Haut. „Tut mir leid, ich hätte ihn nicht anprobieren sollen. Ich kann mir so ein edles Teil nicht leisten.“

Ein unverhofftes Geschenk

Schnell streift sie den Pullover ab, greift Mantel und Tasche und will den Laden verlassen. „Warten Sie“, ruft die andere Kundin, „bitte, ich brauche eigentlich gar nichts Neues. Ich habe genug. Ich kaufe für mich heute nichts. Dafür schenke ich ihnen den Pullover.“ Die Frau schüttelt den Kopf. So ein teures Geschenk kann sie nicht annehmen. Aber der Pullover ist schon bezahlt und verpackt.

„Frohe Weihnachten“, sagt die freigiebige Schenkerin. Die Frau strahlt. Und ich strahle auch. Ich bin nur eine Beobachterin dieser wunderbaren Begebenheit. Aber ich bin gleichsam erstaunt – wie gerührt.

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