Muscheln sind wie Menschen
In einer Schale in unserem Wohnzimmer liegen sie noch – die Muscheln aus dem Urlaub. Wir haben sie in Südfrankreich am Strand gesammelt. Ich staune, wie bunt und fein gezeichnet sie alle sind, manche mit Furchen, andere ganz glatt. Ursprünglich haben Tiere in den Schalen gelebt, weich und verletzlich. Umso beeindruckender, was für einen harten Panzer sie sich zugelegt haben und wie kunstvoll er gestaltet ist.
Auch kaputte Muschelschalen haben ihre eigene Schönheit
Es lagen viele Muscheln am Strand. Ich habe die schönsten mitgenommen und die kaputten liegenlassen. Dabei gab es auch davon jede Menge: Gebrochene Schalen, Muscheln mit Löchern, scharfe Kanten oder solche, die das Wasser über die Zeit stumpf geschliffen hat. Dabei kann man selbst die Bruchstücke noch als Muscheln erkennen, sie haben eine ganz eigene Schönheit.
Menschen sind wie Muscheln - innen verletzlich, außen hart
Für mich ist das ein Gleichnis. Die Muscheln sind wie Menschen. Auch wir haben ein weiches, verletzliches Inneres und sind nach außen oft hart. Jeder von uns ist beeindruckend mit seinen Fähigkeiten und seiner Geschichte. Nicht immer ist alles schön im Leben. Es gibt schmerzhafte Erlebnisse, es gibt biografische Brüche, und manchmal stumpfen wir darüber ab.
Gott würde auch die kaputten Mussheln sammeln
Was sieht Gott wohl in den Menschen, auf die er schaut? Wenn Gott sieht, was alles kaputt ist, gebrochen, verhärtet oder abgestumpft? Ob er auch nur die schönen sammelt und die kaputten liegen lässt? Nein, im Gegenteil. Ich bin mir sicher: Selbst in den Bruchstücken erkennt Gott die ursprüngliche Schönheit. Vielleicht sind für ihn ja gerade die Muscheln und Menschen wertvoll, die nicht perfekt sind.
Viele meiner Fundstücke vom Meer haben ein Loch an der Spitze, am sogenannten Wirbel. Dort kann man eine Schnur durchfädeln. Dann hängt die Muschel um den Hals ganz nah am Herzen. Die Muscheln sind wie Menschen. Ob glatt oder mit Furchen, angeschlagen oder ohne einen Kratzer – jedes Menschenleben liegt Gott am Herzen.