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Eine Spontan-Demo gegen die Nazis
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Eine Spontan-Demo gegen die Nazis

Gunnar Bach
Ein Beitrag von Gunnar Bach, Katholischer Pastoralreferent, Pfarrei Sankt Peter Montabaur
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Es war genau heute vor 84 Jahren: Tausende Jugendliche füllen den Wiener Stephansdom. Es ist Rosenkranzfest. Aus der Andacht sollte sich eine Sternstunde des Widerstands in Österreich gegen das Nazi-Regime entwickeln. Der damalige Wiener Erzbischof, Kardinal Innitzer, rief den jungen Leuten zu: „Einer ist euer Führer, euer Führer ist Christus, wenn ihr ihm die Treue haltet, werdet ihr niemals verloren gehen.“ Führer ist Christus, nicht Hitler! Das saß. Es war eine Kehrtwende um 180 Grad. Noch ein halbes Jahr vorher hatte Innitzer noch „Heil Hitler“ gerufen. Am Ende der Andacht hat auch der Organist die Stimmung aufgegriffen: ein damals bekanntes Freiheits- und Widerstandslied hat er in voller Lautstärke gespielt.

„Wir wollen unseren Bischof sehen“

Als die jungen Leute aus dem Stephansdom kamen, entwickelte sich aus dem Gebet spontan eine Demo: Sie liefen zum Palais des Wiener Erzbischofs. Aus einem Gebet und einer Predigt war eine Spontandemo gegen die Nazi-Diktatur entstanden. Die jungen Leute skandierten: „Wir wollen unseren Bischof sehen.“ Wohlgemerkt „unseren Bischof sehen“. Wenn Hitler redete, riefen die Leute vorher: „Wir wollen unseren Führer sehen“! Das war eine eindeutige Anspielung darauf. Ein offener Protest gegen Adolf Hitler! Am nächsten Tag stürmte die Hitlerjugend aus Rache das Wohnhaus des Bischofs, schlug Fenster ein und zerstörte Gemälde und Möbel. 

Aus Gebeten wird mutiger Protest

Mich beeindruckt es, wenn aus Gebeten mutiger Protest wird. So wie das ja auch 1989 in der DDR bei den Montagsgebeten und –demos passiert ist und mit zur deutschen Wiedervereinigung geführt hat. Und ich will mich davon inspirieren lassen: mein Glaube soll nicht an der Kirchentür aufhören. Sondern auf der Straße weiterwirken.

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