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Balken im Auge
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Balken im Auge

Andreas Wörsdörfer
Ein Beitrag von Andreas Wörsdörfer, Pastoralreferent, Katholische Pfarrei Dom St. Bartholomäus, Frankfurt am Main
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Es gibt wirklich kuriose Gedenk- und Aktionstage. In dieser Woche war zum Beispiel schon der „Internationale Tag der Kokosnuss“, der „Welttag des Bartes“ oder der bundesdeutsche „Tag der Currywurst“. Aber auch der „Welttag des Briefeschreibens“ – gar nicht so doof, wie ich finde. Und gestern war der „Internationale Tag der Vergebung“, oder „International Pardon Day“. Hört sich vielleicht auch wieder seltsam an, aber diesen Impuls zu setzen, finde ich richtig gut.

Vergeben, kann mich aus der Verletzung befreien

Tag der Vergebung. Denn Vergebung ist nicht so leicht. Um Vergebung zu bitten, ist nicht leicht, und vergeben manchmal auch nicht. Denn Vergeben heißt ja, spüren, dass mir weh getan wurde, und trotzdem sagen: Es ist gut. Wenn ich aus ganzen Herzen vergeben kann, ist das auch für mich selbst immer wieder ein Gefühl der Befreiung. Ich bleibe selbst nicht mit meinem verletzten Herzen zurück. Manchmal vergebe ich auch in der Hoffnung, dass auch ein anderer bei mir mal ein Auge zudrückt. Denn ich weiß: Auch ich tue anderen weh und möchte dann auf Vergebung hoffen können.

Man sieht den Splitter im Auge des anderen, nicht aber den Balken im eigenen

Heute wird in den katholischen Gottesdiensten ein Text aus dem Markusevangelium im Neuen Testament in der Bibel vorgelesen. Da heißt es „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge bemerkst du nicht? Wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, lass mich den Splitter aus deinem Auge herausziehen!, während du den Balken in deinem eigenen Auge nicht siehst?“. (Lukas-Evangelium 6,41-42a)

Vergeben tut gut – nicht nur am Tag der Vergebung

Meine eigene Schuld erst einmal erkennen und dann um Vergebung bitten: Das ist manchmal ganz schön schwer. Und gerade weil ich weiß, dass ich selbst immer diesen Balken in meinem Auge mittrage. Und gerade wegen meiner blinden Flecken. Deshalb will ich mir den Vorsatz nehmen, großzügig zu sein. Anderen zu vergeben, auch wenn mir mein Herz weh tut. Das ist gut für mein Herz, und das ist gut für den anderen. Und das nicht nur am Internationalen Tag der Vergebung. Vergebung tut einfach gut, das ganze Jahr über.

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