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Rotlichtfahrt - eine Gewissensfrage
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Rotlichtfahrt - eine Gewissensfrage

Verena Maria Kitz
Ein Beitrag von Verena Maria Kitz, Katholische Pastoralreferentin in St. Michael, Zentrum für Trauerseelsorge, Frankfurt
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Vor ein paar Wochen bin ich erwischt worden. Ja, ich bekenne, ich bin bei Rot über die Straße gefahren, mit dem Fahrrad. Dummerweise hatten das auch andere gesehen: Ich wurde von zwei Herren in Uniform an den Straßenrand zitiert: „Sie haben eine Rotlichtfahrt begangen“, sagte der eine, während der andere schon seinen Notizblock zückte. Ich habe auch gar nicht versucht zu leugnen, sondern brav meine Personalien genannt und alles zugegeben.

Eine eindringliche Gewissenspredigt blieb mir nicht erspart

Aber das hat mir trotzdem nicht eine eindringliche Gewissenspredigt erspart: Ob mir bewusst sei, wie sehr ich nicht nur mich, sondern erst recht auch unschuldige Andere gefährdet hätte? Was für ein schlechtes Vorbild das gerade für Kinder sei? Ich glaube, ich bin immer kleiner geworden und konnte dem Polizisten nur zustimmen: Ja, das war einfach nur blöd, unnötig und gefährlich. Gott sei Dank ist diesmal kein Unfall passiert.

Die deutlichen Worte waren wirksamer als die Strafe

Was habe ich daraus gelernt? Strafe hilft? Naja, ein bisschen schon. Seitdem bin ich bis jetzt jedenfalls nicht mehr bei Rot über die Ampel gefahren. Aber mir ist auch noch etwas deutlich geworden: Wie leicht sich so ein unbedachtes Fehlverhalten bei mir einschleichen kann. Vielleicht weil Zeitdruck ist oder ich schnell nach Hause will, da tue ich etwas, ohne wirklich über die Konsequenzen nachzudenken! Und da war die Gewissenspredigt noch viel wirksamer als die Strafe. Ich will deswegen jetzt nicht anfangen, anderen ständig Gewissenspredigten zu halten. Als Theologin wäre ich dafür ja prädestiniert.

Mich mehr an die eigene Nase packen und mein Gewissen erforschen

Aber ich versuche ich seitdem etwas mehr, mich an die eigene Nase zu packen: Und am Ende des Tages das zu tun, was früher „Gewissenserforschung“ genannt wurde. Am Abend, in einer ruhigen Minute, meinen Tag anschauen und mich fragen: Was habe ich eigentlich so gemacht heute? Nicht alles und jedes, aber die eine oder andere Situation – und zu schauen: War das okay so oder was will ich beim nächsten Mal anders machen?

Einfach wieder mehr auf mein eigenes Gewissen hören

Insofern war die „Rotlichtfahrt“ für mich sehr heilsam. Und ich hoffe, ich erspare mir für eine Weile Gewissenspredigten von anderen. Und höre einfach besser auf mein eigenes Gewissen.

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