Beitrag anhören:
Tapetenwechsel rückwärts
Bild: pixabay/Emilian Robert Vicol

Tapetenwechsel rückwärts

Norbert Mecke
Ein Beitrag von Norbert Mecke, Dekan, Evangelischer Kirchenkreis Melsungen
Beitrag anhören:

Sie haben Blümchenmuster mit zarten Moosröschen oder gewundenen Lilien. Auf anderen sind kleine Kaffeekännchen, Holzlöffel und Porzellanteller. Und dann gibt es noch die im Ockerton mit riesigem Zopfmuster in dunkelbraun.

Die alten Tapetenrollen auf dem Dachboden

So sehen Sie aus, die Tapetenrollen, die in zwei großen Plastiktüten auf dem Dachboden lagern – die Beutel schon so alt, dass sie einem beim Anfassen in den Händen zerbröseln. Meine Eltern haben von allen Sorten Tapete, die sie einmal in ihrem kleinen Häuschen an die Wände von Küche, Wohnzimmer und Schlafraum verkleistert haben, zwei Ersatzrollen aufgehoben. Und als ich den Dachboden leerräume zieht damit meine Kindheit und Jugend an mir vorbei: „Tapetenwechsel rückwärts“ sozusagen.

Der Geschmack verändert sich mit den Jahren

Dass man manches, was ich da in den Händen halte, mal schön und modern fand, kann ich mir kaum noch vorstellen. Aber die Bilder von unserer alten Küche oder meinem Kinderzimmer steigen auf und wie sich das Leben damals anfühlte. Ob früher alles besser war, wie man gelegentlich hört, wagt man mit den Tapetenresten in der Hand zu bezweifeln. Es war anders. Und unser Heute mit seinem vermeintlich top-modernen Geschmack wird wahrscheinlich schon in zehn Jahren müde belächelt. Manchmal ist heilsam, Dinge und Meinungen nicht absolut zu setzen.

Für schöne Erinnerungen sorgen

Dass aber einmal schöne Erinnerungen aufsteigen – dafür können wir heute sorgen: indem wir, die Räume, in denen wir wohnen, schön gestalten, klar. Vor allem aber damit, wie wir in diesen Räumen miteinander umgehen.

Ich habe mich mit den Tapeten in der Hand erinnert, wie unbeschwert ich als Kind das Leben empfunden habe. Klar, vor ockerfarbener Zopfmusterkulisse gab es auch Stress mit mir als Jugendlichem. Trotzdem wurde ich in der Küche mit der Kaffeekännchen-Tapete immer bestens umsorgt.

Tapeten wechseln - Erlebnisse haben Bestand

Die Tapeten wechselten. Die Erlebnisse in den Räumen haben Bestand. Für mich guter Kleister für unseren Familienzusammenhalt und Basis für eine zuversichtliche Lebenseinstellung. Für andere mit schlechten Erfahrungen vielleicht eher klebrig und zum Vergessen.

Bei Gott ist alles aufgehoben

„Tapetenwechsel rückwärts“. Ich staune, wie Vieles unser Wohn- und Lebensgefühl mitgeprägt hat. Ich glaube, bei Gott ist das Gute und Schwergängige aufbewahrt. Und ich vertraue, dass er selbst renoviert. Erneuert. Bahn um Bahn. Muster und Farben. Bis einmal alles ganz stimmig ist. Du und ich inklusive!

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren