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Die digitale Welt
Bild: Pixabay/Gerd Altmann

Die digitale Welt

Jens Haupt
Ein Beitrag von Jens Haupt, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Mit der digitalen Welt komme ich eigentlich ganz gut klar. Seit dem Faxgerät habe ich die technische Revolution Schritt für Schritt mitverfolgt. Mein Handy begleitet mich den ganzen Tag. Fast überall, wenn es ein Netz gibt. Mich gruselt es trotzdem.

Kundenkonto, Pin, Kennwort, Geheimzahl…

Kundenkonto, Pin, Kennwort, Geheimzahl… Es nimmt kein Ende. Und dann passiert sowas: Eine Abbuchung vom Konto. Keine Ahnung wieso. Im persönlichen Postfach der Krankenversicherung finden sich dazu dann 16 Seiten Brief. 16 Seiten und kein Hinweis, dass die da liegen. "Das müssen sie selbst aktiv im Auge behalten." Und die Bank macht es genauso, ein Postfach mit lauter Nachrichten. Ich müsste jeden Tag reinschauen. Und natürlich jeweils ein eigenes Passwort. Ach, und da ist noch die Bahn und die Post und noch diverse Geschäfte, die alle ein "Konto" für mich haben.

Ich bin für Digitalisierung und gleichzeitig gruselt es mich

Ich bin sehr für Digitalisierung. Und gleichzeitig gruselt es mich und ich bin überfordert. Jede Woche muss ich irgendwo ein neues Passwort beantragen. Weil man es sich ja nicht einfach notieren soll. Was denken sich eigentlich all die Einrichtungen und Firmen, die für uns da sein wollen? Haben die klugen IT-Entwickler ihre Programme denn selbst ausprobiert? Oder ihre eigene Hotline mal angerufen? Es kann manchmal Stunden dauern, bis eine hilfreiche Mitarbeiterin mit mir spricht und weiterweiß.

Ich brauche Kontakt zu Menschen

Warum es mich gruselt? Weil ich den Kontakt zu Menschen brauche. Ich stehe lieber in einer Schlange von Menschen vor einem Tresen als vor einem Automaten. Ich brauche Gesichter, ein Gegenüber, eine Begrüßung. Was das mit Kirche zu tun hat? Kirche heißt Menschen, heißt Kontakt. Kirche ist auch digital. Ich kann am Laptop Gottesdienst feiern oder wie jetzt gerade einen Zuspruch hören. Kirche digital ist immer von Menschen für Menschen gemacht. Kirche digital ist Begegnung. Ohne Passwort und ohne Postfach. Da gruselt es mich nicht. Da ist immer jemand dabei oder dahinter, der mich erreicht. Und den ich erreichen kann, wenn es darauf ankommt.

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