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Streit um ein Bild auf der Documenta
Pixabay/Dorothea Lucia Pietrek

Streit um ein Bild auf der Documenta

Dr. Matthias Viertel
Ein Beitrag von Dr. Matthias Viertel, Evangelischer Pfarrer, Kassel
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Moderator/in: In Kassel ist Documenta, die größte Kunstschau der Welt. Aber viele überlegen sich, ob sie überhaupt hingehen. Zuerst hatte der Bundespräsident antisemitische Werke kritisiert. Dann die Kulturministerin und nun hat auch der Bundeskanzler gesagt, er wird der Documenta fernbleiben. Pfarrer Matthias Viertel kommt aus Kassel. Im hr1 Zuspruch geht’s ihm um die Frage, warum ein Bild so große Aufregung verursachen kann.

Autor: Skandale gehören schon immer zur Documenta, sie will ja provozieren. Aber diesmal ist es anders. Das kritisierte Bild zeigt antisemitische Fratzen, die an die Zeit der Nationalsozialisten erinnern. Das ist ein schwerer Vorwurf. Antisemitische Handlungen sind in Deutschland eine Straftat. Auch der Freiheit der Kunst setzt das Grundgesetz Grenzen. Eine davon ist die religiöse Diskriminierung. Judenfeindliche Propaganda ist keine Bagatelle.

Antisemitische Äußerungen dürfen nicht geduldet werden

Christen sind da empfindlich, weil wir in unserer jüdisch-christlichen Tradition gemeinsame Wurzeln haben. Gerade weil Christen das früher selbst zu wenig beachtet haben, wollen sie heute nicht vergessen, wie Antisemitismus zum Millionenfachen Mord geführt hat. Deshalb hat nun die evangelische Bischöfin aus Kassel, Beate Hofmann, zur Documenta gesagt: „Antisemitische Äußerungen dürfen nicht geduldet werden. Es ist wichtig, sie zu identifizieren und zu bekämpfen, weltweit.“1

Judenfeindlichkeit ist keine Frage der deutschen Befindlichkeit

Judenfeindlichkeit ist keine Gefühlssache und keine Frage der deutschen Befindlichkeit. Gerade das hatten die Verantwortlichen als Entschuldigung geschrieben. Sie haben sich zuerst nicht für das Bild entschuldigt, sondern weil „Gefühle verletzt wurden“. Und dann sagte das Künstler-Kollektiv noch, ihr Werk würde „zu einem Denkmal der Trauer über die Unmöglichkeit des Dialogs in diesem Moment.“2 Ich finde diese Äußerung schrecklich. Es kann nicht sein, sich für hetzerische Bilder als Helden des Dialogs zu feiern.

Auch in der Kunst hat Menschenverachtung nichts verloren

Inzwischen rudern sie zurück. Sie sagen, sie wollen sich weiterbilden über die grausame Geschichte und Gegenwart des Antisemitismus.3 Ich hoffe, sie machen damit Ernst. Denn Menschenverachtung hat nirgendwo etwas zu suchen, auch nicht in der Kunst.


https://www.ekkw.de/index.php (23.06.22)

documenta-fifteen.de (20.06.22)

3 www.zeit.de/kultur/kunst/2022-06/documenta-versagen-kritik-entschuldigung-kollektiv

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