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Zwischenraum für mehr Fairness
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Zwischenraum für mehr Fairness

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt
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Manche Worte sterben aus. Nicht nur altmodische wie Ratzefummel oder Dreikäsehoch, auch scheinbar selbstverständliche wie Rednerliste, Putzfrau oder jedermann.

Worte verändern sich

Damit sich alle Menschen angesprochen fühlen, wird Rednerliste zu Redeliste, Putzfrau zu Reinigungskraft und jedermann wird ersetzt durch „alle“. Ich finde das gut. Es hat mit etwas zu tun, das ich glaube und mit etwas, das ich weiß.

Ich glaube: alle Menschen sind gleich viel wert. Und ich weiß: Es ist nicht egal, wie wir sprechen.

Alle Menschen sind gleich viel wert

Ich glaube: Als Gottes Ebenbild sind wir alle einzigartig und haben eine besondere Würde. Kein Mensch kann sie je verlieren. Ganz egal, wo eine Person herkommt, welche Farbe die Haut hat, wie alt oder fit jemand ist, ob sich ein Mensch als Mann oder Frau versteht oder als keins von beidem. Gleich auch, zu wem sich ein Mensch sexuell hingezogen fühlt. Alle sind gleich viel wert.

Sprache schafft Wirklichkeit

Und ich weiß: Es ist nicht egal, wie wir über all diese Unterschiede sprechen. Sprache schafft Wirklichkeit. Was wir wie selbstverständlich sagen, prägt sich in unser Denken ein. Darum muss sich Sprache verändern.

Der Doppelpunkt mitten im Wort, den man schreiben und auch sprechen kann

Seit beinahe 70 Jahren beginnen die Abendnachrichten der ARD so: „Guten Abend meine Damen und Herren, ich begrüße sie zur Tagesschau.“ Im Fernsehen soll das auch zunächst so bleiben. Weil es aber nicht nur Damen und Herren gibt, sondern auch Menschen, auf die weder das eine noch das andere zutrifft, passt auch die Tageschau ihre Sprache an. Auf Instagram schreibt sie den sogenannten Genderdoppelpunkt. Dieser Doppelpunkt mitten im Wort, den man schreiben und auch sprechen kann. Einige sagen ganz selbstverständlich: Kolleg:innen, Freund:innen, Pfleger:innen.

Es gibt viele Möglichkeiten, fair zu sprechen

Andere versuchen, die Vielfalt anders auszudrücken. Es gibt eine Menge Möglichkeiten, fair zu sprechen. Statt zu sagen: Anrufer können sich melden, geht zum Beispiel: Rufen Sie uns an.

Beim Sprechen der Vielfalt der Menschen gerecht werden

Ich selbst fand den Doppelpunkt erst albern beim Reden, aber dann hat mich meine Frau mit diesem Argument überzeugt: „Dieser kleine Zwischenraum hält hörbar einen Platz offen für alle Menschen, die sich der Einteilung in männlich und weiblich nicht zuordnen können.“ Mir gefällt das inzwischen. Wer’s anders sieht, hat andere Möglichkeiten. Am Ende geht’s doch darum: Beim Sprechen der Vielfalt der Menschen gerecht werden und ausdrücken: Sie sind gleich viel wert.

 

Wie der hr faire Sprache nutzt, erfahren Sie hier: https://www.hr.de/unternehmen/backstage-und-meldungen/archiv-backstage-geschichten/faire-sprache-in-den-hr-programmen,gendergerechte_sprache-100.html

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