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"Ich kann nichts für damals, aber ich kann etwas für heute"
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"Ich kann nichts für damals, aber ich kann etwas für heute"

Andrea Seeger
Ein Beitrag von Andrea Seeger, Evangelische Theologin
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Trude Simonsohn ist Anfang Januar im Alter von 100 Jahren in Frankfurt gestorben. Sie hat den Holocaust im KZ Auschwitz überlebt, war unermüdlich als Zeitzeugin vor allem in Schulen unterwegs und eine sehr verehrte Bürgerin der Stadt Frankfurt.

Jugendliche setzen sich mehr mit dem Nationalsozialismus als die Generation ihrer Eltern

Trude Simonsohn hätte sich vermutlich gefreut über das Ergebnis einer Studie des Kölner Rheingold-Instituts. Die Studie ist wenige Wochen nach ihrem Tod veröffentlich worden und hat herausgefunden: 16- bis 25-Jährige interessieren sich mehr für die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus als die Generation ihrer Eltern.

Rechte Ideologien, Fake News und Verschwörungstheorien sind auch heute aktuell

Einer der Gründe, sagen die Macherinnen und Macher der Erhebung: Die Jugend ist weiter weg von den schrecklichen Geschehnissen. Und stellt Parallelen zu ihrem Alltag fest: Die Menschen im Nationalsozialismus waren empfänglich für rechte Ideologien, für Fake News, wurden von Verschwörungstheorien beeinflusst und haben die Spaltung der Gesellschaft erlebt. Diese Themen sind aktuell.

„Ich kann nichts für damals, aber ich kann etwas für heute.“

In der Studie heißt es: In der Lebenswelt der jungen Generation sind populistische, autoritäre und intolerante Stimmen immer lauter zu hören. Jugendliche halten dagegen. Viele von ihnen sagen: „Ich kann nichts für damals, aber ich kann etwas für heute.“

Die Beschäftigung mit der Vergangenheit führt Jugendliche zu ihrer eigenen Verantwortung

Die Beschäftigung mit der Vergangenheit führt sie zu ihrer eigenen Verantwortung. Das ist ein Gedanke, den es an vielen Stellen in der Bibel gibt. Sich erinnern ist in der Bibel nichts Abgeschlossenes, keine Beschäftigung mit etwas, das lange vorbei ist. Erinnerung in der Bibel schärft den Sinn für die Gegenwart und für die Zukunft.

Was hätte ich damals getan? Wie soll ich mich heute verhalten?

Junge Menschen, die sich mit dem Terror der Nazis auseinandersetzen, fragen heute: Was hätte ich damals getan? Auf welche Seite hätte ich mich begeben? Und stellen den Bezug zur Gegenwart her: Wie soll ich mich heute verhalten?

Die Nazi-Zeit als eine Art Gegenbild zur eigenen Lebenssituation

Sie können die Nazi-Zeit als eine Art Gegenbild zu ihrer Lebenssituation sehen – und verfügen damit über einen stark immunisierenden Wirkstoff gegen Rassismus und Diskriminierung. Wie gesagt: Trude Simonsohn hätte sich vermutlich gefreut.

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