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Mit Pappkarton und Stift - die Protestaktion der Marina Owsjannikowa
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Mit Pappkarton und Stift - die Protestaktion der Marina Owsjannikowa

Pia Baumann
Ein Beitrag von Pia Baumann, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt
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Marina Owsjannikowa – ihr Name ging diese Woche um die Welt. Sie war bislang Mitarbeiterin eines russischen Fernsehsenders. Zur besten Sendezeit stürmte sie mit einem Anti-Kriegs-Plakat in den Händen die russischen Abendnachrichten. Und damit live in die Wohnzimmer ihrer Landsleute. Auf der ganzen Welt wird sie dafür als Heldin der Meinungsfreiheit gefeiert. „Marina Mutig“ nannte sie eine große deutsche Boulevardzeitung. Aber sie ist auch ein hohes Risiko eingegangen. Wie wird es mit ihr weitergehen, das fragt sich Pfarrerin Pia Baumann aus Frankfurt im hr1 Zuspruch.

Marina Owsjannikowas mutiger Protest gegen den Krieg

Es braucht nicht viel. Und die Welt kommt in Bewegung. Das hat Marina Owsjannikowa Anfang dieser Woche bewiesen. Genau sechs Sekunden hielt sie ein handgeschriebenes Plakat in die Kamera. Darauf zu lesen: „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen.“ Die Live-Übertragung der russischen Abendnachrichten wurde sofort unterbrochen. Aber die Botschaft von Marina war nicht mehr aufzuhalten. In Windeseile verbreitete sich das Bild der zierlichen Frau mit dem Plakat in den Händen über die sozialen Medien in alle Welt.

Ein Protest mit den einfachsten Mitteln

Sie wird gefeiert. Viele bewundern sie für ihre Zivilcourage. Das tue ich auch. Ich weiß nicht, ob ich diesen Mut hätte. Ich finde außerdem bemerkenswert: Das alles hat sie nur mit einem Stift und einem Pappkarton erreicht.

David gegen Goliath - mit einer Steinschleuder gegen schwere Bewaffnung

Manchmal sind die einfachsten Mittel genug, um sich einer Übermacht entgegenzustellen. In der Bibel ist das klassische Beispiel dafür die Geschichte von David und Goliath. Auch hier geht es um einen Krieg. Die Armeen der Philister und der Israeliten stehen sich gegenüber. Ein Zweikampf soll den Krieg entscheiden. Für die Philister tritt Goliath an. Ein riesiger Krieger, schwer bewaffnet und gepanzert. Niemand traut sich, ihm entgegenzutreten. Bis David auf der Bildfläche erscheint. Er ist gar kein Kämpfer, sondern ein einfacher Hirtenjunge. Klein und schmächtig. Aber er ist auch klug. Er braucht kein Schwert und keine Rüstung. Nur seine Steinschleuder. Mit ihr schießt er auf Goliath. Trifft ihn am Kopf und besiegt ihn. Der Krieg ist vorbei. Die Geschichte von David geht gut aus. Auch deshalb, weil Gott an Davids Seite war. So überliefert es die Bibel.

"Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig"

Wie die Geschichte für Marina Owsjannikowa ausgeht, ist noch offen. Sie ist mit ihrem Plakat ein hohes Risiko eingegangen. Für sich, für ihre Familie. Ich mache mir Sorgen um sie. Deshalb bete ich: Dass Gott ihr zur Seite steht.

Ihre Protestaktion mit Pappkarton und Stift erinnert mich noch an einen anderen Satz aus der Bibel. Nämlich: Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig. Das macht mir Mut.

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