Ungeschminkt und ehrlich?
Kirche und Sprache sind für mich gerade ein wichtiges Thema. Die Krise rund um das Münchner Missbrauchsgutachten und die Einlassungen von Papst Benedikt beschäftigen mich. Irritieren mich massiv. Diese Kirchenkrise ist für mich auch eine Krise der Kommunikationskultur. Ich finde es einfach krass und schockierend, dass sich Folgendes so absolut durchzieht durch die Stellungnahmen von kirchlichen Amtspersonen, denen Fehlverhalten nachgewiesen wurde. Dass keiner von seiner Authentizität oder Sprache her in der Lage ist, ungeschminkt, selbstreflektiert und ehrlich zu sprechen. Verlernt man das, je länger man in so einem Amt ist? Weil die eigene oder vermeintliche Erwartung einem antrainiert, Passendes oder vermeintlich Passendes zu sagen?
Ich frage gerade auch mich und mein Sprechen an. Wie ehrlich und ungeschminkt bin ich eigentlich in der Lage, zu sprechen? Wie selbstreflektiert ist das, was ich sage? Wie stark ist das, was ich vom Glauben mitbekommen habe, eigentlich wirklich Teil meiner eigenen Substanz geworden? Quasi mein eigenes geistliches Hüftgold? Was vom Glauben, das ich im Laufe meines Lebens gehört und gut gefunden habe, ist wirklich durch mein Leben hindurch gegangen? Hat mich geprägt? Verändert? Was davon habe ich wirklich verstoffwechselt, habe ich auf den Hüften, ist Teil von mir und meiner Substanz?
Ich sehe diese Krise für mich schon als Aufruf, noch mal viel ehrlicher und stimmiger zu werden. Meine Gefühle, Schatten und inneren Widersprüche noch mehr wahrzunehmen. Selbstreflektierter und kritischer zu sein. Meinungen von guten Freunden einzuholen. Mir kluge Mentorinnen zu suchen.
Jesus selber war in seiner Sprache total nonkonform und schockierend direkt. Er hat sich damit ziemlich oft in die Nesseln gesetzt. Aber er war auch so königlich frei und so unglaublich er selbst. Da will ich auch hin. Als Vorbild, das ich erreichen will.
