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Ein unerwartetes Happy End

Ein unerwartetes Happy End

Christoph Schäfer
Ein Beitrag von Christoph Schäfer, Katholischer Religionslehrer, Rüsselsheim
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Seit einer Weile ist eine bestimmte schottische Stadt für mich ein kleines Alltagsymbol geworden. Ich muss nur an den Namen Dunfermline denken, und mir fällt dann wieder ein sehr wohltuender Vorsatz ein. Er heißt: Ich möchte auch in ziemlich verfahrenen Situationen nicht vorschnell die Hoffnung aufgeben.

Und reinen Tisch zu machen

Dabei bin ich nie in dieser Stadt gewesen. Dunfermline hat aber vor einer Weile für eine kleine, amüsante Zeitungsmeldung gesorgt, die mich im besten Sinne nachdenklich gemacht hat: In der dortigen Stadtbücherei hat jemand endlich ein zu lange ausgeliehenes Buch zurückgegeben. Das wäre an sich keine Zeitungsmeldung wert. Das Kuriose war hier aber: Das Exemplar hätte bereits im November 1948 zurückgegeben werden müssen. Jetzt, in der Pandemiezeit, hatte die Bücherei die Säumnisgebühr für verspätete Rückgaben erlassen. Und siehe da: Die Tochter des damaligen Ausleihers fand den Mut, das Buch endlich, nach Jahrzehnten, zurückzugeben. Und reinen Tisch zu machen. Über 3000 Euro Säumnisgebühren wären eigentlich angefallen. Aber jetzt gab es stattdessen für alle Beteiligten ein Happy End.

Jetzt geht es auch nicht mehr

Ich hab zwar, soweit ich weiß, keine Bücherei-Altlast bei mir im Regal stehen. Dennoch find ich diese Geschichte ermutigend. Denn ich hab immer wieder mal in ganz anderen Bereichen das Gefühl: Da ist eine Alltagssituation aus dem Ruder gelaufen. Ich hab es mir mit jemandem verscherzt. Mich zum Beispiel bei jemandem, der mir eigentlich wichtig war, ewig nicht gemeldet – und denk: „Jetzt geht es auch nicht mehr“. Weil ich gedankenlos war. Oder weil ich meinte, zu viel zu tun zu haben. Und irgendwann hab ich das Gefühl gehabt: Da ist nichts mehr zu ändern. Da ist was dumm gelaufen und das muss jetzt so bleiben. Oft spür ich dann, wenn ich ehrlich zu mir bin: Die Sache ist weiterhin ein wunder Punkt, weil ich eben nicht reinen Tisch machen konnte. Sondern einfach was verschludert hab.

"Umkehr und Versöhnung ist immer möglich"

Wenn ich aber an das Schicksal des verspäteten Buches von Dunfermline denk, dann weiß ich: Manchmal kann es auch in solchen verfahrenen Situationen ein Happy End geben. Wenn sich jemand aufrafft und reinen Tisch macht. Letztlich ist das übrigens ja genau das, was Jesus immer wieder sehr überzeugend verkündet: Umkehr und damit auch Versöhnung ist immer möglich. Und sie tut einfach gut.

 

 

 

 

 

 

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