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Das Herz des Glaubens
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Das Herz des Glaubens

Ksenija Auksutat
Ein Beitrag von Ksenija Auksutat, Evangelische Pfarrerin, Stockstadt
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Wenn ich eine Textnachricht über WhatsApp schreibe, ist ein Emoji, das ich oft verwende, das Herz. Manchmal das große rote Herz oder das Gesicht mit zwei Herzchen als Augen, manchmal die zwei rosa Herzen, die umeinander wirbeln. Und ab und zu auch mal das Herz mit dem kleinen Riss in der Mitte.

Das Herz ist das wichtigste Organ des Menschen

Das Herz ist eines unserer wichtigsten Organe. Es pumpt das Blut und damit den lebensnotwendigen Sauerstoff in alle Teile des Körpers. Und: Es reagiert auf fast alle unsere Gefühle. Und die stärksten Gefühle haben mit andern Menschen zu tun.

Ein Symbol für die Liebe

Das Herz wurde darum zum Symbol für Liebe und Verbundenheit. Vom Glück der Liebe zu einem anderen Menschen singt Heinz Rudolf Kunze: „Dein ist mein ganzes Herz“. Das kann heißen: Ich schenke dir mein Innerstes. Dir gehört mein Leben. Wenn zwei sich lieben, schlagen ihre Herzen manchmal sogar im Gleichtakt.

Das kann man selbst fühlen. Es lässt sich sogar messen: Frisch Verliebte haben einen erhöhten Herzschlag. Die Wangen werden dann stärker durchblutet, und man errötet, wenn man die andere oder den anderen sieht. Die Temperatur steigt ein bisschen an und man fühlt, wie es einem warm wird. Haut und Hände werden dadurch feucht, man beginnt etwas zu schwitzen.

Liebeskummer kann einem das Herz brechen

Aber ebenso heftig wirkt Liebeskummer, der einem sozusagen das Herz brechen kann. Udo Lindenberg singt: „Ein Herz kann man nicht reparieren. Ist es einmal entzwei, dann ist alles vorbei."

Unser Herz ist also nicht nur die „Pumpe“, wie viele im Scherz dieses lebenswichtige Organ nennen. Sondern es reagiert auf das, was uns freut oder traurig macht, was uns bewegt. Manche Menschen sagen deshalb auch: „Das liegt mir am Herzen“, wenn ihnen etwas besonders wichtig ist.

Es gibt viele Worte mit Herz...

Mit Schulkindern mache ich manchmal Wortfeldübungen. Dann tragen die Kinder alle Wörter zusammen, in denen ein bestimmter Begriff enthalten ist. Meine Schülerinnen und Schüler sind immer total überrascht, wie viele Worte mit dem „Herz“ verbunden sind.  „Herzlich“ fällt ihnen ein, „warmherzig“ und „treuherzig“. Ausdrücke wie „aus vollem Herzen singen“ kennen schon die Schulkinder genauso wie „das Herz am rechten Fleck haben“. Beim Sport gibt es neben den Siegern auch die, die zwar verloren haben, aber so sympathisch sind, dass sie als die „Sieger der Herzen“ vom Platz gehen.

Die meisten Herz-Worte sind positiv besetzt

Meiner Schulklasse fällt auf, dass die meisten Worte, in denen das „Herz“ eine Rolle spielt, positive und liebevolle Gefühle ausdrücken. Nur manche Redewendungen deuten an, dass auch Zweifel und Unsicherheit mit dem Herzgefühl zu tun haben: Wenn man etwas halbherzig angeht oder etwas nicht übers Herz bringt zum Beispiel.

In fast allen Religionen spielt das Herz eine wichtige Rolle

Was uns bewegt, was wir reden und tun, wie es uns geht – das entscheidet letztlich unser Herz. Viele Religionen und Glaubenstraditionen machen darum das Herz zum Thema. Davon mehr nach einer kurzen Musik.

Wichtige Angelegenheiten nehmen Menschen sich zu Herzen. Und da jeder Mensch ein Herz hat, ist das etwas, das die Kulturen weltweit verbindet. Darum nehmen auch alle Weltreligionen darauf Bezug.

Im Koran zum Beispiel wird das Herz mehr als 110-mal erwähnt. Für Muslime hat die Ehrfurcht vor Gott ihre Basis im Herzen. Dadurch können die Gläubigen gütig und barmherzig sein und in schweren Zeiten für sich selbst Trost und Beruhigung finden.

Viele Menschen jüdischen Glaubens beten täglich das „Sch‘ma Jisrael“, das auch in der Bibel steht. „Sch‘ma Jisrael“ bedeutet: Höre, Israel! Und weiter heißt es: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit aller deiner Kraft.“ (5. Mose 6,5) Die Gebote Gottes sollen sich im Herzen verankern und so zu einem guten Handeln im Leben führen.

Der barmherzige Samariter

Auch für meinen christlichen Glauben ist das Herz sehr wichtig. Eines der berühmtesten Gleichnisse, die Jesus erzählt hat, ist die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Da hilft ein Mensch einem völlig Fremden, der Opfer eines Überfalls wurde und hilflos am Boden liegt. Er geht nicht achtlos vorüber, sondern kümmert sich liebevoll um den Verletzten, weil sein Herz es ihm sagt, er handelt barm-herzig. Und Jesus sagt an anderer Stelle, nämlich in der Bergpredigt: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“ (Matthäus 6,21) Er fragt seine Jünger und Wegbegleiterinnen damit: Wofür schlägt euer Herz? Worauf kommt es wirklich an im Leben?

Für manche scheint das klar zu sein: Sie tun alles, um im eigenen Leben voranzukommen und ein finanziell abgesichertes Leben zu führen. Aber Jesus warnt davor, dies als Herzensanliegen zu haben. Er sagt: „Sammelt euch Schätze im Himmel.“ (Matthäus 6,20)

"Gott hat seine Liebe in unsere Herzen hineingegossen."

Die ersten christlichen Gemeinden haben sich diese Botschaft in besonderer Weise zu Herzen genommen. Sie teilten Essen und ihren Besitz. Der Apostel Paulus hat dafür einen einfachen Grund erkannt. Er schreibt an die Christinnen und Christen in Rom: „Gott hat seine Liebe in unsere Herzen hineingegossen.“ (Römer 5,5) So können Christen aus ihrem Glauben heraus diese Liebe Gottes anderen weitergeben. Das versuchen Menschen bis heute: liebevoll mit anderen umgehen. Herzliche Zeichen setzen.

Der Glaube weiß also aus Erfahrung: Wer auf sein Herz hört, ist eigentlich immer gut beraten. Das Herz bestärkt einem zum Guten und hilft im Zweifelsfall manchmal sogar, eine richtige Entscheidung zu treffen.

Was lässt mein Herz höherschlagen?

Was lässt mein Herz höherschlagen? Was hält mich davon ab, auf mein Herz zu hören? Und wofür schlägt Gottes Herz? Mit solchen „Herzensanliegen“ beschäftigt sich die neue Impulspost der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

„Herzbegegnung“ heißt die Aktion. Viele Kirchenmitglieder bekommen in diesen Tagen einen Brief, der dazu Impulse gibt.

Mir hilft das gerade in diesen Tagen. Denn die Folgen der Pandemie, der Krieg mitten in Europa mit allen wirtschaftlichen Folgen für uns und die Frage nach der ökologischen Zukunft unserer Erde – all das kann Herzen schwer machen.

Worauf kommt es wirklich an im Leben?

Viele fragen sich darum: Worauf kommt es wirklich an im Leben?

Für die meisten Menschen, die ich kenne, sind Familie und Freundschaft das Wichtigste. Und viele setzen sich für Klimaschutz, den sozialen Zusammenhalt und Frieden ein. Aber vielen fällt es auch schwer herauszufinden, was wirklich wichtig ist für sie.

Mitgefühl geht nur mit einem sehenden Herzen

In der Geschichte vom „Kleinen Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry sagt ein Fuchs zum kleinen Prinzen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Diese Geschichte lehrt Mitgefühl. Das geht nur mit einem sehenden Herz, das sich anderen öffnet. Ein hartes Herz dagegen verschließt sich. Es stört und zerstört Leben. Ein offenes und weiches Herz dagegen fühlt, was angemessen ist und Leben fördert.

Die zentralen Werte des Zusammenlebens

Freundschaft, Menschlichkeit und Herzlichkeit. Das sind zentrale Werte für das Zusammenleben auf unserer Erde. Von Gott her gesehen sind sie im Begriff der Liebe zusammengefasst – ein schönes rotes Herz als Mitte des Glaubens!

Ich finde, es ist ganz einfach, Kontakt zu dieser positiven Kraft in unserem Herz und zu Gott aufzunehmen. Einfach für einen Moment die Augen schließen, eine Hand auf das Herz legen und den Herzschlag spüren. Gott danken, dass ich lebe. Danken für die Kraft zum Guten. Einen Herzschlag noch still sein. Und dann die Augen wieder öffnen. Ja, warmherzig, barmherzig, herzlich – so will ich unterwegs bleiben.

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