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Trotz aller Not: Das Leben siegt!
Martin Vorländer

Trotz aller Not: Das Leben siegt!

Ksenija Auksutat
Ein Beitrag von Ksenija Auksutat, Evangelische Pfarrerin, Stockstadt
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hr4 Gottesdienstübertragung am 18. April von 10.05 - 11.00 Uhr aus der Evangelischen Kirche in Stockstadt am Rhein

Hier geht es zur hr4-Übertragung. Nachhören können Sie den Gottesdienst auf hr4.de.

Nach dem Gottesdienst können Sie mit Pfarrerin Ksenija Auksutat und dem Seelsorgeteam von 11.00 - 13.00 Uhr telefonieren, unter der Nummer 069 - 92 107-333.

Predigt von Pfarrerin Ksenija Auksutat

Liebe Hörerin, lieber Hörer! Liebe Gemeinde!
In diesem Gottesdienst geht es um Geschichten vom Bewahrt werden. In der Bibel wird der Prophet Jona im Meer davor bewahrt unterzugehen.

Seine Rettung ist: Ein großer Fisch verschluckt ihn. Jona ist dadurch nicht ertrunken. Aber so richtig in Sicherheit ist er ja wohl auch nicht. Trotzdem dankt er im Bauch des Fisches Gott dafür, für den Augenblick erst einmal gerettet zu sein.

Ist man noch in Gefahr oder schon gerettet?

Manchmal ist man in einer Situation ja auch unsicher, ob man noch in Gefahr oder schon gerettet ist. Von so einer Situation möchte ich erzählen. Ich bin froh, dass jetzt der Frühling da ist und der Winter rum. Schnee gab es in diesem Jahr bei uns nicht so viel. In den Bergen schon, und ein Schneesturm in den Alpen gab mir mal eine Ahnung davon, wie es sein kann mit dem Untergehen.

Eine Skitour im Schneesturm

Mit Freunden hatte ich im Winter eine Skitour gemacht. Schon lange her, es gab noch keine Handys und kein Internet. Wir waren bereits drei Stunden unterwegs bergauf, da setzte ein Schneesturm ein. Keine Spur war mehr zu sehen. Wir stapften weiter, Hauptsache bergauf. Unser Ziel war eine Berghütte, von dort würden wir auf einem Forstweg wieder ins Tal finden, dachten wir. Aber als wir endlich oben ankamen, war es bereits dunkel. Jetzt zu versuchen, mit Skiern oder zu Fuß auf dem tief verschneiten Weg ins Tal zu finden, wäre sehr gefährlich gewesen. Wir waren verzweifelt.

Ein Schutzraum für die Nacht ist die Rettung

Die Hütte war verschlossen und verrammelt. Wir umrundeten das Gebäude, vielleicht gab es ja einen geschützten Winkel für uns? Und dann ließ sich doch eine Tür öffnen. Die Berghütte hatte einen Winterraum als Schutzraum für solche Fälle wie uns. Wir schaufelten die Tür frei. Drinnen konnte man Licht anmachen, und es gab einen Stapel Wolldecken. Das war unsere Rettung! Hier konnten wir wenigstens die Nacht überstehen. Und ein paar Kekse fanden sich in unseren Rucksäcken auch noch.

Gott sei Dank!, sagten wir uns. Wie gut, dass es diesen Unterschlupf gibt. Was wäre sonst aus uns geworden? Hier hatten wir für die Nacht einen geschützten Raum gefunden. Am nächsten Morgen hatte sich der Sturm verzogen, die Sonne schien und wir konnten zurück ins Tal abfahren.

"Erstmal waren wir bewahrt geblieben"

Ein Grund, den Menschen zu danken, die für andere solche Schutzräume schaffen. Und Gott haben wir in dieser Nacht auch gedankt. Selbst wenn wir abends noch nicht wussten, was am Morgen sein würde, erstmal waren wir bewahrt geblieben.

Manchmal braucht man einen Ort des Rückzugs

Für mich ist dieses Erlebnis wie ein Sinnbild für das Leben. Manchmal braucht es einfach einen Schutz, einen Ort des Rückzugs. Wir haben eben in den Geschichten der drei Menschen davon gehört. Jemand hat einen Burn-out und bekommt eine Auszeit in einer Klinik. Eine Geflüchtete hat nach ungewisser Fahrt über das Meer wieder festen Boden unter den Füßen. Eine Witwe tut den ersten Schritt heraus aus der Trauer. Damit ist noch nicht alles wieder gut. Aber erstmal sind Angst und Ungewissheit gebannt.

Die biblische Geschichte vom Propheten Jona ist eine Rettungsgeschichte

Die biblische Geschichte vom Propheten Jona ist eine Rettungsgeschichte. Jona steht mitten im Leben. Er kann was. Und er hat einen Auftrag von Gott bekommen: Er soll den Menschen einer Stadt sagen, dass sie sich in allem komplett falsch verhalten – und dann ihren Widerstand aushalten: Er muss damit rechnen, dass sie ihn angreifen und verfolgen. Wer will schon so einen Auftrag ausführen?

Jona ergreift die Flucht vor seinem Auftrag

Jona ergreift die Flucht. Er hofft, auf einem Schiff der ganzen Misere zu entkommen. Aber statt seine Ruhe zu finden, landet er im Chaos: Das Schiff gerät in ein schweres Unwetter. Sogar die sturmerprobten Seeleute fürchten sich, sie schreien und beten. Jona gibt sich auf. Er lässt sich von den Seeleuten über Bord werfen. Er versinkt im Meer. Seine Flucht ist missglückt.

Eine Flucht vor den Problemen des Lebens misslingt oft

Eine Flucht vor den Problemen des Lebens misslingt oft. Menschen wollen die Schwierigkeiten hinter sich lassen, wollen vergessen, was sie belastet. Und sie landen im Chaos: Der Sturm im Leben legt sich nicht, sondern wird zum Orkan. Oben und unten geraten durcheinander. Was als Ausweg gedacht war, wird zur Sackgasse.

Jona ertrinkt nicht

Aber Jona ertrinkt nicht. Er landet im Maul und im Bauch eines großen Fisches. Ist das die letzte Steigerung seines Unglücks –  oder der Anfang seiner Rettung?

Solche Augenblicke gibt es nicht selten: Wird alles nur noch schlimmer? Oder kann ich hoffen, dass meine Rettung schon begonnen hat? Und dann die große Frage: Gott, lässt du mich im Stich oder reichst du mir die Hand, dass ich leben kann?

Jona macht sich Vorwürfe, dass er seinen Auftrag nicht erfüllt hat

Jona lebt. Im Bauch eines großen Fisches. Er lebt und kommt zur Ruhe. Er sieht noch einmal ganz deutlich, was war. Er sieht seine Fehler. Er fragt sich, warum er geflohen ist. Er macht sich Vorwürfe, dass er seinen Auftrag nicht erfüllt hat.

Ich habe vorhin von der Rettung im Schneesturm erzählt, die ich erlebt habe. Damals, in der kalten Nacht, am Berg, im Schnee, damals in der Hütte haben wir uns auch Vorwürfe gemacht: Warum sind wir nicht umgekehrt? Hätten wir nicht eine leichtere Tour machen sollen? Hätten wir doch! Aber wir waren in der Hütte, vorerst gerettet.

Jona ist im Fisch vorerst gerettet. Und er dankt Gott, denn der hat Himmel und Erde gemacht, das Meer und auch die Fische, auch diesen großen, in dessen Bauch er sitzt. Jona ist gerettet. Vorerst.

Nach drei Tagen spuckt der Fisch Jona an Land und ans Licht

Drei Tage und drei Nächte verbrachte Jona im Bauch des Fisches. Dann „befahl Gott dem Fisch, Jona an Land zu bringen. Dort spuckte der Fisch ihn aus.“ So heißt es in der Bibel. (Jon 2,11)
Jona fand sich am dritten Tag wieder an einem neuen Ufer. Nach der dunklen Finsternis in der Tiefe des Meeres erstrahlte ihm ganz neu das Licht der Sonne.

Heute ist die Geschichte von Jona eine Ostergeschichte

Die Geschichte von Jona ist heute eine Geschichte zum Osterfest. Christen und Christinnen haben das Buch von Jona, dem Propheten, neu gelesen. Und sie fanden darin ein Bild für die Hoffnung, die Jesus für sie war.
Christen glauben: Am dritten Tag war auch das Grab von Jesus leer, in das man ihn nach seiner Kreuzigung gelegt hatte. Jesus, der gestorben war, hat eine Zeit im Reich des Todes verbracht, so heißt es bis heute in dem alten Bekenntnis des christlichen Glaubens: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten.“ Die Tiefe der Gräber erscheint so dunkel und feindlich wie das Meer. Aber Gott ist Herr über Himmel und Erde, über Lebende und Tote, über Ende und Neubeginn.

Jona kam aus dem Dunkel wieder ans Licht

Christinnen und Christen verstanden die Geschichte von Jona als eine Auferstehungsgeschichte. Jona hatte jeden Halt in seinem Leben verloren. Doch nun hatte er wieder festen Boden unter den Füßen. Aus dem gefühlten absoluten Nichts wieder den ersten Schritt machen können. Neue Kraft finden nach einer Zeit, in der man sich verloren gefühlt hat.

Neue Kraft finden nach einer Zeit, in der man sich verloren gefühlt hat

Für die aus Syrien geflohene junge Frau war es der feste Boden unter den Füßen auf einer griechischen Insel. Für die Frau, deren geliebter Mann gestorben ist, war es ein Gebet, das sie tröstete und ihr Hoffnung gab. Und für die Frau nach dem Burn-out war es die Hilfe, die sie in Klinik und Therapie gefunden hat. Gestärkt kehrte sie in ihren Beruf zurück.

Rettung erleben, neue Kraft finden. Für manche ist das eine Erfahrung, für andere eine Sehnsucht: Der Wunsch, dass das Dunkle mich wieder ausspuckt, ich mich neu im Licht sehe und spüre.

Jona kann weiterleben. Auch wenn er selbst immer der Alte bleibt. Die Geschichte erzählt, wie er seinen Auftrag nun erfüllt, ziemlich erfolgreich sogar. Aber dann hadert er schon wieder mit seinem Erfolg.

Auch das ist ziemlich lebensnah: Auch wenn du wieder an Land bist, es ist nicht alles verschwunden, was vorher war und wer du vorher warst. Du bleibst in vielem der gleiche.

Wie Gott wirkt, weiß man vorher nicht

Aber auch Gott bleibt der gleiche. Er bleibt dir treu. Wie Gott wirkt, weiß man vorher nicht. Manchmal verstehe ich erst im Nachhinein, dass ich von Gott begleitet war.

Das ist für mich auch an der Ostergeschichte so wichtig. Die Jüngerinnen und Jünger von Jesus waren auch erst einmal im Ungewissen, nachdem Jesus am Kreuz gestorben. Alle Hoffnung tot. Dann erleben sie: Jesus Christus ist auferstanden. Nicht die Mächte des Todes siegen, sondern das Leben.

Das glaubten die Weggefährtinnen und Weggefährten Jesu, davon wurden sie getragen und das haben sie weitergegeben bis heute. Ich will darum nie die Hoffnung aufgeben, auch wenn ich selbst keinen Ausweg mehr weiß, wenn es ganz ungewiss um mich steht.

Immer möchte ich darauf vertrauen können: Gott hilft und schenkt neues Leben.
Amen. 
 

Mitwirkende:

Liturgie + Predigt:                Pfarrerin Ksenija Auksutat
Moderation und Lesung:      hr4 Moderator Hermann Hillebrand
Liturgische Mitwirkung:       Ruth Henninger, Dr. Otmar Nassau, Michael Tagliente 

Ü-Technik hr:                       Sven Fischer; Christian Schrod

Telefonseelsorge:                  Pfarrerin Martina Schmidt,
                                              Telefonseelsorger Matthias Hartmann

Kirchliche Redaktion            Pfarrer Martin Vorländer

Musizierende: 

Orgel:                                   Jens Amend
Frauenchor der Gemeinde
Ensemble Contrapunctus
Musikalische Leitung:         Kantor Uwe Krause; Dagmar Staudt (Chor)

Musik und Lieder:

Fanfare "Christ ist erstanden"
Lied "Gelobt sei Gott im höchsten Thron" (EG 103, 1-5)
Josef Jongen, Marche religieuse (Orgel)
Lied "Aus der Tiefe rufe ich zu dir" (EG+ 26, 1-3)
Lied "Nähme ich Flügel der Morgenröte (EG+ 89)
Johann Sebastian Bach, "Heute triumphieret Gottes Sohn" (Orgel)
Die Himmel erzählen die Ehre Gottes
Lied "Christ ist erstanden" (EG 99)
Lied "Wir wollen alle fröhlich sein" (EG100, 1-5)
Choral Fantasie "Christ ist erstanden"

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