Mut zur Wahrheit
Wer von sich behauptet, er lüge nie, der lügt. Jeder Mensch lügt bis zu 200 Mal am Tag. -Das haben Wissenschaftler herausgefunden. Der Philosoph Immanuel Kant findet das unmöglich. Er spricht sich radikal gegen das Lügen aus. Sogar in einer solchen Situation:
Der Philosoph Kant spricht sich radikal gegen Lügen aus
Jemand versteckt einen Unschuldig-Verfolgten bei sich, die Polizei fragt ihn: "Haben Sie jemanden Unterschlupf gewährt? Auch dann muss er die Wahrheit sagen", sagt Kant. Denn, wenn ich in diesem Fall das Lügen erlaube, wäre das der Anfang vom Ende.
Keiner würde einem anderen mehr vertrauen.
Diese radikale Position widerspricht meinem Glauben
Diese radikale Position von Kant kann ich mit meinem Glauben nicht vereinbaren. Wenn ich mit einer Lüge einem anderen das Leben rette, dann mache ich das guten Gewissens.
Wie gehe ich aber mit den anderen Lügen um?
Wie gehe ich aber mit den anderen Lügen um? Dazu sagt die Bibel etwas in den zehn Geboten. Das 9. Gebot lautet: "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten".
Martin Luther legt dieses Gebot so aus: Ich soll nicht lügen, besonders nicht in Situationen, in denen ich mir selbst einen Vorteil verschaffen will. Also zum Beispiel: Jemand betrügt seinen Partner und belügt diesen - angeblich, um ihn zu schützen, ihn nicht zu verletzen. Doch diese scheinbare Rücksichtnahme ist in Wahrheit nur der Deckmantel für den eigenen Vorteil. Er will nämlich nicht mit den Konsequenzen leben, wenn er seiner Partnerin reinen Wein einschenkt.
Das 9. Gebot gilt auch für die kleinen Lügen im Alltag
Auch die kleinen Lügen im Alltag werden oft so gerechtfertigt: Man möchte den anderen nicht wehtun. Zum Beispiel: Jemand möchte mich besuchen. Ich habe aber keine Lust, ihn zu sehen. Dann habe ich schon manchmal gesagt: "Du, ich habe leider heute schon einen Termin."
Ehrliche Antworten erfordern Mut
Eine Lüge. Ein Verstoß gegen das neunte Gebot der Bibel. Aber was wäre besser und der Bibel gemäßer? Ehrlicher wäre es sicher zu sagen: "Du, ich habe keine Lust dich heute zu sehen". Das wäre sicher mutig und es wäre die Wahrheit. Aber wäre es auch liebevoll? Auch das ist ein Anliegen der Bibel.
Darum möchte ich Gott bitten: um ehrliche und liebevolle Worte, die möglichst wenig verletzen, aber doch klar sind. Zum Beispiel kann ich sagen: Du, ich möchte heute gern allein sein. Das ist auch wahr und es verletzt niemanden ohne Not.
Oder wenn mich jemand fragt: Steht mir das Kleid? Dann tue ich ihr keinen Gefallen, wenn ich nur aus Höflichkeit ja sage. Eine ehrliche Antwort wie "Es gibt schönere Kleider für dich" erspart ihr einen Fehlkauf.
Das 9. Gebot - eine Orientierung für den Alltag
Die Bibel sagt: Liebe Deinen Nächsten wie dich selbst. Und sie sagt: "Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten". Beides möchte ich zusammendenken, so gut ich kann. Ich werde es wohl nicht schaffen ganz ohne Lügen zu leben. Aber ich möchte mich prüfen, warum ich versucht bin zu lügen. Geht es dabei eigentlich nur um meinen Vorteil, fange ich hoffentlich an, das zu ändern. Geht es um die andere Person, dann finde ich hoffentlich sorgsame Worte für die Wahrheit. Und den Mut sie auszusprechen. Gott und meinem Nächsten zu Liebe.