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Bei Gott ist jeder willkommen
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Bei Gott ist jeder willkommen

Guido Hepke
Ein Beitrag von Guido Hepke, Evangelischer Pfarrer, Weilburg
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Besucher der Schlosskirche bleiben oft an der Tür stehen. Sie staunen. Die Kirche in Weilburg wirkt von innen viel größer als von außen.
Ein optischer Trick macht das möglich. Erst gehen die Gäste durch einen ziemlich engen Vorraum. Sie öffnen die Tür. Dann weitet sich der Blick in den Raum. Und zwar in alle Richtungen. Sogar nach unten. Man muss drei Stufen nach unten gehen, erst dann steht man im Kirchenraum.
Mit diesem Kunstgriff wollte der Architekt deutlich machen: Dies ist keine normale Kirche. Dies ist der heilige Raum für den Fürsten von Weilburg-Nassau.
Die Schlosskirche war ein Symbol für den Machtanspruch der Herrscher vor 300 Jahren. Deshalb gibt es auch eine prachtvoll geschmückte Fürstenloge – direkt gegenüber dem Altar. Und natürlich höher als die Kanzel. Damit auch jeder begreift, der Fürst hat hier das sagen.
Die Bänke in der Weilburger Kirche sind so angeordnet, dass niemand der Fürstenloge den Rücken zuwenden kann. Zumindest in dem Bereich, der von der Loge gesehen werden kann. Die Fürsten sind Geschichte, Gott sei Dank. Die Loge bleibt leer. Aber die Kirchenbänke stehen noch genauso wie damals. Sie stehen im Kreis – um den Altar.
Wer beim Gottesdienst mit dabei ist, schaut nicht nur auf den Altar. Sondern sieht auch viele andere Teilnehmer. So wird Gemeinschaft in der Gemeinde sichtbar und fühlbar.
Mir gefällt das.  Der Fürst wollte seine Macht demonstrieren. Tatsächlich wird aber die Gleichwertigkeit aller Menschen sichtbar. Wo wir auch Platz nehmen, wir sind gleichermaßen bei Gott willkommen.
Aus einem Machtsymbol der Fürsten wird ein demokratischer Kirchenraum. Das ist gut so. Denn in der Gemeinde von Jesus Christus sind alle gleich wichtig, gleich viel wert. Nur so wächst Gemeinschaft.

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