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Leidenschaftlich arbeiten
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Leidenschaftlich arbeiten

Carmen Jelinek
Ein Beitrag von Carmen Jelinek, Evangelische Dekanin, Kirchenkreis Kaufungen
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Ich habe schon oft erlebt, dass Menschen all Ihre Leidenschaft In ihren Beruf gelegt haben.  Manche sind aber irgendwann durch ein Burnout gestoppt worden.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten kann man sich heute seinen Beruf aussuchen. Früher wurden viele aus unterschiedlichen Gründen einfach  in eine Ausbildung gesteckt. Dort mussten sie sich  hineinfinden. Heute ist das in unserem Land weitgehend anders. Man kann sich seinen zukünftigen Beruf aussuchen. Man schaut, für welchen Beruf das eigene Herz schlägt. Dahinein kann man seine ganze Leidenschaft legen. Und Leidenschaft kann gut sein, manchmal aber auch zum Stress werden.
Ich kenne das auch. Irgendwann wird alles zu viel. Gerade das, was neben der Arbeit geschieht. Ich höre auf, ins Schwimmbad zu gehen. Einen Tangokurs beginne ich erst gar nicht. Ich verkürze die Zeit mit Freunden. Ich mache keine Fortbildungen mehr. Ich vernachlässige alles außer meiner Arbeit und rechtfertige das auch noch mit meiner Leidenschaft für meinen Beruf.
Viele junge Menschen sind am Ende ihrer Ausbildung bereit, für ihren Traumberuf, für ihre Leidenschaft Opfer zu bringen. Unbezahlte Praktika werden absolviert. Für zu wenig Geld wird gearbeitet. Befristete Verträge werden angenommen. Unsichere Bedingungen werden akzeptiert. „Man muss sich mit Leidenschaft in seinem Beruf einbringen“, dieser Satz suggeriert, dass es für Glück und Erfolg nur die richtige Einstellung braucht. Das macht viel Druck.
Und diese Rechnung geht nicht immer auf.
Vielleicht hat man die eigenen Begabungen überschätzt. Vielleicht spielt die Gesundheit nicht mit. Ganz bestimmt  verpasst man, was das Leben sonst noch an Möglichkeiten bereithält. Ganz schlimm wird es dann, wenn man für seinen Beruf gebrannt und alles gegeben hat und dann aus wirtschaftlichen Gründen entlassen wird.
Ich habe mal in der Bibel nachgeschaut und den Rat gefunden: „Überhebe dich nicht an deinen Wünschen, damit deine Seele nicht geschunden werde wie ein Stier unter dem Joch.*
Ein Stier kann sich nicht wehren gegen das schwere Joch, in das er eingespannt ist. Wir Menschen können Entscheidungen darüber treffen, was wir in unserem Leben erreichen wollen. Unsere eigenen Wünsche und Ziele entscheiden maßgeblich darüber, was wir uns selbst auferlegen. Ich will, dass es meiner Seele gut geht! Deshalb höre ich auf meine innere Stimme. Sie sagt mir, was ich tragen kann. Ich möchte mich gern leidenschaftlich für meinen Beruf engagieren. Ich möchte aber auch sensibel sein für Situationen, in denen es über meine Kräfte geht und dann für mich sorgen: Ich möchte mit Freunden zusammen sein und auch etwas für meine Gesundheit tun. Nur wenn es meiner Seele gut geht, kann ich leidenschaftlich arbeiten.

*Sirach 6, 2

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