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Fürchte dich nicht! – Weihnachten auf dem Friedhof
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Fürchte dich nicht! – Weihnachten auf dem Friedhof

Till Martin Wisseler
Ein Beitrag von Till Martin Wisseler, Evangelischer Pfarrer, Langenselbold
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Heute habe ich den Heiligen Abend auf dem Friedhof begonnen. Viele andere waren auch da. An den Gräbern ihrer Toten. An so einem Tag wie heute merkt man besonders, dass sie fehlen.

Dann habe ich auf dem Friedhof etwas ganz Ungewöhnliches getan: Ich habe zusammen mit anderen einen Weihnachtsgottesdienst gefeiert, mitten auf dem Friedhof. Mit Baum, Kerzen und Weihnachtsliedern. Dazu die Weihnachtsgeschichte: Von Maria und Josef, von den Hirten auf dem Feld und vom Engel, der sagt "Fürchtet euch nicht".

Ein Witwer erzählte mir danach: Eigentlich wollte ich an Weihnachten verreisen, einfach gar nicht da sein. Man passt ja nicht dazu, wenn sich alle "fröhliche Weihnachten" wünschen. Wer will sich an Weihnachten schon gerne mit dem Leid der anderen behängen, sagt er. Naja, mit dem Verreisen hat halt nicht geklappt.

Ich hörte dem Witwer zu und schaute dabei in sein nachdenkliches Gesicht. Ich dachte dabei noch einmal an die Weihnachtsgeschichte, besonders an die Hirten. Die waren doch damals auch am Rand, haben nicht richtig dazu gehört. Trotzdem oder vielleicht sogar deswegen waren sie die Ersten, denen gesagt wurde, es passiert in der Welt etwas Neues. "Fürchtet Euch nicht", ausgerechnet Ihnen hat der Engel das gesagt.

Dann erzählte der Witwer weiter: Ich fühlte mich in dem Weihnachtsgottesdienst ganz dicht bei meiner Frau .Es hat sich schön angefühlt, auch wenn es anders war als früher. Und dann sprach er noch etwas aus: Hier muss ich mich einmal nicht verstellen, das tut gut.

Der Engel steht auf dem Feld und spricht: Fürchte dich nicht. Für mich heißt das so viel wie:
Das ist dein Leben, du brauchst dich nicht zu verstellen.
Das ist dein Leben, begrenzt und unvollkommen; wenn du genau hinschaust siehst du die zufriedenen und glücklichen Momente.
Das ist dein Leben, beschienen von Gottes gnädigem Licht!

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