Wurzeln und Flügel schenken
„Es gibt zwei Dinge, die wir unseren Kindern mitgeben sollten: Wurzeln und Flügel.“ Dieses schöne Zitat wird dem Dichter Goethe zugeschrieben. Was Wurzeln haben und Flügeln bekommen bedeuten kann, habe ich als Kind erlebt. Diese Zeit war für mich davon geprägt, dass mich mein Opa oft in seinen Schrebergarten mitnahm. Ich hatte mein eigenes Beet, baute Gemüse an, kletterte in Bäumen, bereitete aus Beeren Salat und Blättern Suppe zu. Ein Garten voller Freiheiten und Vertrauen. Es gab auch klare Regeln: Durch meinen Opa und die Hessische Kleinkartenverordnung. Innerhalb dieser Regeln und des mir entgegen gebrachten Vertrauens lag die Möglichkeit, Erfahrungen zu machen, tief zu graben und hoch hinaus zu klettern. Mittlerweile ist mein Opa lange tot. Seinen Garten – den habe ich übernommen. Denn er erinnert mich daran, dass ich Wurzeln und Flügel geschenkt bekommen habe. Ich bin mir sicher, dass dieses Geschenk wichtig ist. Es lohnt sich in Familien, in der Schule und Kirchengemeinen und am Arbeitsplatz Wurzeln und Flügel zu ermöglichen. Zum einen ist es wertvoll Heimat, Verwurzelung in Glauben, Lebensgrundsätze und Traditionen zu vermitteln. Gleichzeitig gilt es Tore weit zu machen und fliegen zu lassen. Junge Menschen sollen Neues wagen und Ungewohntes probieren können. Kurz gesagt: selber fliegen lernen. Mir fällt dazu der biblische Prophet Jesaja ein. Vom ihm ist der Satz überliefert: „Alle, die auf den Herrn vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft, es wachsen ihnen Flügel wie dem Adler.“ In meinem Umfeld erlebe ich oft Menschen, denen aus ihren Glauben heraus bildlich gesprochen Flügel wachsen. Menschen, die im Engagement für ihre Mitmenschen über sich hinaus wachsen. Die sich ganz im Sinne Goethes auch von Mauern und Schwierigkeiten nicht daran hindern lassen, für Andere aktiv zu sein.
