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Wer freut sich über mich?
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Wer freut sich über mich?

Anne-Katrin Helms
Ein Beitrag von Anne-Katrin Helms, Evangelische Pfarrerin, Erlösergemeinde Frankfurt-Oberrad
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Wer freut sich über mich? Das frage ich mich manchmal morgens, wenn ich aufstehe. Wer wird sich heute über mich freuen? Die Leute in der Straßenbahn, die mit mir auf dem Weg zur Arbeit sind? Die Kollegin, mit der ich gestern über meine Zukunftspläne geredet habe? Die Frau an der Kasse beim Einkaufen? 
Früher mochte ich ein Kinderlied gern: „Wenn einer sagt, ich mag dich du, ich find dich ehrlich gut, dann krieg ich eine Gänsehaut, und auch ein bisschen Mut.“ Klingt vielleicht ein bisschen naiv, ist aber ehrlich. 
Wenn mir jemand sagen würde: „Du, ich mag Dich, ich finde Dich wirklich gut“, dann würde ich wahrscheinlich verlegen werden. Aber freuen würde ich mich auch.
Wer freut sich über mich? 

Jesus erzählt dazu ein Gleichnis: 
Es spielt in einem kleinen Haus einer Frau. Kein Palast. Keine Villa. Im Innern hat es einen einzigen Raum. Fenster gibt es nicht. Licht und Luft kommen nur durch die Tür herein. 
Da kommt die Frau des Hauses zur Tür herein. Sie kommt von der Arbeit. Müde ist sie und geschafft. Es war wieder anstrengend heute. Aber immerhin hat sie den vereinbarten Lohn bekommen: einen Silbergroschen. Das reicht für Essen und Trinken für einen Tag. Dafür hat sich die Strapaze der Arbeit gelohnt.
Sie legt den Silbergroschen in eine Schachtel. Dort liegen auch die neun anderen schon, die sie verdient hat. Jeden Tag zählt sie. Heute müssen es zehn sein. Aber so oft sie auch zählt: Es sind nur neun. 
Oh nein, denkt sie wütend. Den einen Silbergroschen muss ich hier im Haus verloren haben. Wie dumm von mir! Den brauche ich doch! Er ist wertvoll!
Weil es so dunkel ist im Haus, macht sie eine Lampe an. Sie nimmt einen Besen und kehrt das ganze Haus. Ihr Rücken hatte vorher schon wehgetan. Aber es hilft nichts. Sie will den Silbergroschen finden. Also sucht sie. 
Und da: plötzlich – da ist der verloren gegangene Silbergroschen. Sie hebt ihn auf.
Reibt ihn sauber, bis er blitze blank ist. 

Ich stelle mir vor, wie sie ihn vor Freude in die Luft wirft und wieder auffängt. Und dann stolz zu zählen beginnt: Jetzt sind es wieder zehn. Alle da. 
Der Ärger ist verflogen – die Rückenschmerzen auch – sie rennt aus dem Haus her-aus und ruft ihre Freundinnen und Nachbarinnen: 
Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. (Lukas 15,9). Und dann beginnen sie zu feiern. 

Gerne wäre ich dabei gewesen: bei dem Kaffeeklatsch – wie die Frau mit ihren Freundinnen redet und erzählt, lacht und Kuchen isst. Und wie sie immer wieder ihren Silbergroschen zeigt und ruft: Schaut mal her, ich freue mich so über diesen Silbergroschen! Endlich hab ich ihn wieder. 
Mir gefällt das Gleichnis vom Silbergroschen so gut: die Frau, die die Münze sucht und findet, ist wie Gott. Er gibt nicht auf. Er müht sich ab. Und ich bin manchmal wie der Silbergroschen.
Gott freut sich über mich, wenn ich mich von ihm finden lasse. Daran möchte ich heute immer wieder denken. Andere Menschen werden dann Gottes Freude bei mir spüren. Und sich mitfreuen. 

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