Beitrag anhören:
Es ist nicht einfach, Kritik anzunehmen.
Bildquelle Pixabay

Es ist nicht einfach, Kritik anzunehmen.

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
Beitrag anhören:

Es riecht nach frischen Brötchen. Wie das duftet - einfach lecker. Jutta freut sich auf ein unbeschwertes Frühstück mit Paula. Alle zwei Wochen treffen sich die beiden in einem Café, Jutta hat sich gerade ihren Lieblingsplatz am Fenster gesichert. Da kommt Paula auch schon angeradelt, schließt aber noch ihr Fahrrad an. „Was macht die denn heute für ein Gesicht?“, fragt sich Jutta. „Scheint ihr nicht gut zu gehen.“ 

Paula kommt herein. Sie guckt nicht nach rechts und links. Dann lässt sie sich auf den Stuhl fallen. „Hey“, sagt Jutta „schön, dass du da bist. Aber was ist denn mit dir los? Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen? Es geht dir nicht gut, oder?“

„Stimmt“, meint Paula. Das hat aber mit dir nichts zu tun. Ich freue mich auf unser Frühstück. Ich habe mich gestern nur so über die Geschäftsführung geärgert. Du weißt ja, dass ich dafür eingeteilt bin, die Protokolle für die wöchentlichen Teambesprechungen zu schreiben. Ich gebe mir wirklich Mühe. Ich mache es nicht wie die anderen: So `husch husch`, und dann `zack` das Protokoll in den Ordner geschoben. Aber gestern kam die Chefin an und sagte: „Das war ja nun gar nichts, was sie da abgeliefert haben. Einfach unter dem Strich.“ „Ich versteh das einfach nicht. Bisher war sie so zufrieden mit mir. Aber seit kurzem macht sie mich richtig fertig. Vielleicht bin ich einfach auch nur zu empfindlich.“

„Jetzt such dir erst mal was Leckeres aus“, Jutta versucht, für ihre Antwort Zeit zu gewinnen. Sie kennt ihre Freundin Paula. Sie nimmt Kritik schnell persönlich. Leider ist Paula dann auch noch schnell beleidigt. Vielleicht hatte die Chefin auch nur einen schlechten Tag. Und Paula bezieht das auf sich, obwohl es mit ihr nichts zu tun hat.

„Jetzt hör mal zu“, sagt Jutta, „hast du schon mal gefragt, wie die Protokolle eigentlich aussehen sollen? Paula schaut auf. „Was meinst du?“

„Naja, in meinen Augen bist du eine prima Mitarbeiterin. Ich stelle mir vor, dass die Geschäftsführung das auch so sieht. Die kritteln ja nicht ständig an dir herum. Das sagst du selber. Ich finde zwei Dinge wichtig. Erst einmal: schau auf dich selber wie Gott auf dich schaut, nämlich barmherzig. Er ist weniger streng als du denkst. Und dann: Versuche die Gründe für die Kritik herauszubekommen. Frag genau, was sich der andere von dir wünscht. Den Mut dazu hast du doch. Dann kommt ihr ins Gespräch.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren