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Es gibt viele Möglichkeiten, den Glauben zu leben.
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Es gibt viele Möglichkeiten, den Glauben zu leben.

Ute Zöllner
Ein Beitrag von Ute Zöllner, Evangelische Pfarrerin i.R., Pastoralpsychologin, Kassel
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Michelle schaut mich auf dem Foto aufmerksam an. Sie hat schöne, ungeschminkte Augen - ein natürliches Gesicht. Die junge Frau trägt eine schlichte Bluse und als Christin ein schwarzes Kopftuch, das sie unter dem Kinn zusammengebunden hat. Michelle gehört zur Gemeinschaft der Bruderhöfer und lebt in New York. Dort ist das Foto auch entstanden. Ich entdecke es in meiner Tageszeitung. Es gibt nicht nur das eine Foto von Michelle. Auch Talib, Dave, Robert, Nana und Jacqui und viele andere Gläubige habe ich auf diese Weise schon zu Gesicht bekommen. Seit einigen Monaten werden die Fotos in regelmäßigen Abständen veröffentlicht.

„Die Gläubigen haben es mir angetan“, meint der Fotograf. „In New York, wo ich lebe, gibt es die meisten unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften.“ Er hat die gläubigen Menschen befragt und Fotos von ihnen gemacht. Was sie sagen, bewertet er nicht. Denn es geht dem Reporter um die Menschen, die glauben. Ihr Bekenntnis steht für sich selber.

Michelle, Talib, Dave, Robert, Nana und Jacqui glauben auf sehr unterschiedliche Weise. Das ist ihnen auch deutlich anzusehen. Die schlicht gekleidete Michelle, steht neben Dave, dem katholischen Priester. Er trägt festliches Weiß mit goldener Stola. Der junge, schiitische Imam mit Turban hat seinen Platz neben der Pastorin aus der Kirche der Presbyter. Ein seidenen Umhang in lila und pink umhüllt die hübsche Frau. Robert, der junge Mann in dunkelblauen Anzug, mit Hemd und Krawatte, gehört zu den Mormonen. Er steht neben Nana, der Afrikanerin, in buntem Gewand und geschmückten Haaren, die sonntags ihrem Gott Früchte bringt.

Diese ungewöhnlichen Fotos ziehen mich jedes Mal an. Einige der Glaubensgemeinschaften sind mir nah, wirken vertraut auf mich. Andere sind mir aber sehr fremd, ich erschrecke. Gar nicht so einfach, mit diesem Gefühl umzugehen. Wie schnell werte ich andere dann ab. Die Fotos helfen mir, das nicht zu tun. Denn die Menschen ziehen mich an. Was sie über ihren Glauben sagen, macht mich nachdenklich. „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen“, sagt Jesus zu seinen Jüngern. Dieses Bild von den vielen Wohnungen in Gottes Haus gefällt mir gut. Sie und wir leben in verschiedenen Glaubenswohnungen, aber die gehören alle unter ein Dach. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Wohnungen sollen mich nicht erschrecken. Stellt eure Sorge nicht in den Vordergrund, meint Jesus, sondern die Zuversicht. Gott geht euren Weg mit euch.

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