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Schweigekloster

Schweigekloster

Beate Hirt
Ein Beitrag von Beate Hirt, Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim hr, Frankfurt
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Ich fahre ein paar Tage ins Schweigekloster! Die Ankündigung sorgt immer wieder für interessante Reaktionen. Mancher sagt spontan: „Schweigen - das könnte ich ja nie!“ Aber ausgerechnet eine Bekannte, die sonst wenig mit Kirche und Kloster am Hut hat, hat geschrieben: „Das würd ich auch gern mal machen!“ Bei mir war es in den Osterferien wieder so weit: Eine Woche hab ich in einem Kloster in Frankreich verbracht. Es gibt dort drei Mal am Tag leckeres Essen und vier Mal am Tag wunderbare Gebetszeiten. Und ansonsten: viel Stille. Ruhe. Schweigen. Geredet wird nicht einmal beim Essen. Da laufen CDs mit klassischer Musik. Und man muss sich mit Gesten und Blicken verständigen, wenn man etwas von der andren Seite des Tisches haben möchte. Das klappt übrigens mit der Zeit ganz gut: dann wandert die Butter ganz schnell zu mir, wenn ich mir gerade ein Baguette aufschneide. Ich muss gar nichts sagen.

Dieses Schweigen und diese Stille: Mir tun sie unglaublich gut. Gerade, weil mein Alltag sonst so voller Wörter und Geräusche ist. Ich rede wirklich gerne, ich bin gerne unter Freunden und Kolleginnen, ich geh gerne mit Leuten essen. Ich rede natürlich auch gerne im Radio. Aber ich brauche auch das Schweigen. Wenn ich dort im Kloster tagsüber fast gar nichts rede, dann entspannt sich alles in mir. Die Ohren, die Muskeln des Körpers und der Seele. Ich komme zur Ruhe, jeden Tag ein bisschen mehr. Ich merke dann erst so richtig, wie viel Stress und Anspannung sich in mir aufgestaut hat. Und wie all das langsam von mir abfällt. Wie ich mich innerlich immer gelassener und friedlicher fühle.

Wenn ich nach der Woche Schweigekloster zurückkomme in den Lärm und die Hektik, dann ist es gar nicht so einfach, mir ein bisschen etwas zu erhalten von dieser Stille und Gelassenheit. Aber ich versuche jetzt auch zuhause wieder öfter, ruhige Momente einzulegen. Zum Beispiel, wenn ich abends nachhause komme. Dann schalte ich nicht gleich wieder Radio oder Fernseher oder den Computer an. Sondern ich genieße ein paar Minuten Stille auf meinem Balkon oder auf dem Sofa. Das tut mir gut.

Hanns Dieter Hüsch, der große Kabarettist, hat einmal ein wunderbares Gedicht über die Stille geschrieben, das beginnt so:
„Erst mit der Stille fängt die Seele an zu
Schreiben
Und lässt uns sanft und sicher werden
Und sorgt dafür, dass unsre Augen milde bleiben.“

(aus: Das Schwere leicht gesagt. Freiburg 1994, S. 44)

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