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Oh oh

Oh oh

Alexandra Becker
Ein Beitrag von Alexandra Becker, Katholische Pastoralreferentin, Pfarrei St. Franziskus, Frankfurt
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Oh oh, nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Bin ich vorbereitet? Oh oh, das Geschenk für meine Schwester ist noch nicht geliefert. Ob es rechtzeitig ankommt? Wie viele von diesen „ohs“ werden wohl in den Tagen vor Weihnachten gesprochen? Es sind unzählige.

Sogar im Stundengebet der Kirche kann ich sie hören. Also in dem Gebet, das Priester, Ordensleute und viele andere Menschen jeden Tag beten. Da werden in diesen Tagen vor Weihnachten kurze Gesänge gesungen, die alle mit „O“ anfangen. O-Antiphonen werden sie deshalb genannt. Sie sind über 1000 Jahre alt. Aber sie sind ganz anders als die „ohs“, die uns stressen. Diese „O“s im Stundengebet werden nur an den sieben Tagen vor Weihnachten gesungen. Beginn ist immer am dritten Advent. Dieses Gebet ist also so etwas wie ein Endspurt vor Weihnachten. Aber eben kein stressiger, sondern sozusagen ein Endspurt der Freude. Jeden Tag steht ein anderer Titel für Christus aus dem Alten Testament im Mittelpunkt. „O Weisheit!“ Heißt es da zum Beispiel. Oder heute: „O starker Gott!“ Die letzte Antiphon lautet: „O Immanuel - Gott mit uns“. Sie erinnert daran, dass in dem kleinen Kind, das im Stall geboren wird, alle Sehnsucht erfüllt wird. Dass Gott in diese Welt kommt.

Oh oh. Zweitausend Jahre nach dieser Geburt im Stall von Bethlehem singen Christen noch immer: O Weisheit komm, o starker Gott komm! Für mich und viele andere Menschen hat Weihnachten wirklich etwas verändert. Trotzdem sehe ich eine Welt, in der Kriege geführt werden, Kinder verhungern, in der Menschen leiden. Ich kann also nicht aufhören, weiterhin zu rufen: O Gott, bitte schenke dieser Welt Weisheit! Bitte lass die Starken ihre Macht nicht ausnutzen! Bitte zeige dich als „Immanuel“ – als Gott mit uns! Diese Rufe sind wirklich Rufe voller Sehnsucht – voller Sehnsucht nach einer besseren Welt.

Mitten in allem Vorweihnachtsstress erinnern mich diese kleinen O-Gebete, worum es an Weihnachten geht: Um Menschwerdung. Darum, dass Gott Mensch wird, darum dass ich Mensch werde. Darum dass die Welt menschlicher wird.

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