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9. November 1938
Foto: pixabay / hurk

9. November 1938

Pia Arnold-Rammé
Ein Beitrag von Pia Arnold-Rammé, Katholische Pastoralreferentin, Referentin für Sozialpastoral, Frankfurt
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Es gibt ein Bild von der brennenden großen Synagoge in Frankfurt am Börneplatz vom November 1938. Dieses Bild erschreckt mich immer wieder, wenn ich es sehe. Nicht der Brand allein, sondern die vielen Gaffer drum herum. Und keiner macht was. Niemand löscht das Feuer.

Die jüdische Gemeinde in Frankfurt hatte 1933 mehr als 30.000 Mitglieder. Nach dem Krieg waren es nach der Neugründung 800 Mitglieder. Ich muss schlucken, wenn ich solche Zahlen höre. Was mich auch erschreckt: 30.000 Menschen verschwinden aus dieser Stadt und keiner will etwas gewusst haben. Das kann doch gar nicht sein. Nachbarn sind plötzlich nicht mehr da, Läden zerstört, Geschäfte aufgegeben. 30.000 Menschen: die verschwinden und es gibt keinen Protest, alles geht einfach so weiter, als wäre nichts.

Heute vor achtzig Jahren hat mit der Reichspogromnacht die systematische Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden begonnen. Sie mündete  in den Holocaust: 6 Millionen Juden wurden bis 1945 in deutschen Konzentrationslagern ermordet.

Ich finde es furchtbar, dass dieser Völkermord auch heute noch von manchen geleugnet oder kleingeredet wird. Dass manche ernsthaft meinen: Wir müssen das vergessen. Ich glaube: Wir dürfen all das nie vergessen. Wir müssen uns an die verfolgten Menschen und die brennenden Synagogen damals erinnern, gerade heute am 9. November. Und wir müssen uns gegen Antisemitismus und Rassismus wehren, auch in seinen Anfängen. Vor knapp zwei Wochen sind in Pittsburgh in den USA in einer Synagoge 11 Menschen erschossen worden – wie schrecklich, dass der Antisemitismus auch heute noch zu solchen Gewalttaten führt.

Die Gewalt gegen Juden: Die kommt ja damals wie heute nicht von heute auf morgen.  Sie beginnt mit antisemitischen Witzen oder Beleidigungen in der Kneipe und mit Beschimpfungen und mit Hetze gegen Juden auf der Straße. Ich will nicht, dass Juden Angst haben müssen, wenn sie eine Kippa tragen oder wenn sie eine Synagoge betreten, in Frankfurt nicht und nirgendwo!!

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