Das Prinzip Fahrschule
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Das Prinzip Fahrschule

Dr. Peter-Felix Ruelius
Ein Beitrag von Dr. Peter-Felix Ruelius, Leiter ZB Christliche Unternehmenskultur & Ethik bei der BBT-Gruppe, Koblenz

Können Sie sich noch an Ihren Fahrlehrer erinnern? Ich fahre wieder mal hinter einem Fahrschulauto her. Leicht genervt, weil es eben doch ganz schön langsam voran geht. Und denke zurück an meine eigenen Fahrstunden. Mein Fahrlehrer war froh, als er mir vor vielen Jahren endlich den Führerschein überreichen konnte. Damit war er mich los. Fahrlehrer und Fahrlehrerinnen tragen ein ganz schönes Päckchen Verantwortung – sie müssen junge Leute fit machen für den Straßenverkehr. Fit für eine ziemlich komplexe Angelegenheit. Und wenn die Prüfung vorbei ist, endet auf einen Schlag jede Begleitung, jede Möglichkeit der Korrektur oder der Unterstützung. Ab jetzt ist der Führerschein-Neuling auf sich alleine gestellt. Meine Mutter hat mir damals den ernüchternden Hinweis gegeben: Autofahren kannst du erst nach hunderttausend Kilometern. Bis dahin bist du Anfänger. Einige Beulen im ersten Auto haben ihr Recht gegeben. Heute fahre ich hinter dem Fahrschulauto her und denke: Fahrschule: Das ist ein ganz gutes Bild für das Leben. Eltern müssen irgendwann ihre Kinder ins Leben entlassen. Egal ob Beruf, Partnerschaft oder viele andere Situationen, die im Leben auf sie zukommen: Die Kinder müssen nun allein zurechtkommen. Irgendwann kommt immer der Moment für den Anfänger, in dem er allein ist, auf sich gestellt, ohne Begleitung auf dem Beifahrersitz und ohne dass einer für ihn bremsen kann, wenn es brenzlig wird. Irgendwann zählt nur das, was man alleine kann. Ohne das Bild noch mehr zu strapazieren: Aber mit der Erschaffung des Menschen geht Gott ein ähnlich riskantes Abenteuer ein. Sein Auftrag: Lieber Mensch, du bist ab jetzt verantwortlich für diese Welt. Ich mische mich nicht mehr ein. Gott verlässt sich darauf, dass er dem Menschen mitgegeben hat, was er braucht. Vor allem Verstand. Das Prinzip Fahrschule – also lernen, Freiheit zu geben und nicht mehr einzugreifen. Darauf vertrauen, dass der Neuling das Wesentliche gelernt hat. Dass er sich nicht überschätzt und dass er zurechtkommen wird. Das ist ein gutes Prinzip. Als der Fahrschulwagen in eine andere Richtung abbiegt, schicke ich in Gedanken noch einen guten Wunsch an den Fahrschüler hinterher: Viel Glück und allezeit gute Fahrt.

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