Fotos und Erinnerungen
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Fotos und Erinnerungen

Diplom-Theologin Doris Meyer-Ahlen
Ein Beitrag von Diplom-Theologin Doris Meyer-Ahlen, Referentin für Familien- und Beziehungspastoral, Fulda

Eine größere Touristengruppe, eine Reiseleiterin, die gerade auf ein besonderes Detail irgendeiner Fassade hinweist und schon zig Fotoapparate, um ja alles sofort für die Ewigkeit festzuhalten. Mal wieder werde ich beim meinem Gang durch die Stadt von einer größeren Touristengruppe förmlich überrollt. Alles gut, alles kein Problem. Ich kenne das ja auch von mir selbst: Wenn ich unterwegs bin, fotografiere ich gern. Und natürlich umso mehr, je mehr mir ein Ort gefällt. Ich genieße es, nach einer Reise Fotos zu sortieren. Mit Blick auf die Bilder kann in Erinnerungen schwelgen und so in gewisser Weise den Urlaub noch etwas verlängern. Natürlich gibt es von vielen Sehenswürdigkeiten und Orten bereits unendlich viele Bilder und auch sehr viel bessere. Aber nur ich selbst kann es so fotografieren, wie ich den Ort, die Situation eben wahrgenommen habe. Für mich ist mein Foto nicht ersetzbar. Denn zu meinen Bildern habe ich eben auch die Verbindung zu den Stimmungen, den Gefühlen dieser Situation. Und erst diese Kombination macht ein Foto zu einer besonderen Erinnerung. Und trotzdem kann ich genau das so schwer dauerhaft festhalten: Diese einzigartige Stimmung bei einem Spaziergang am Strand, beim Besteigen eines Berges oder einer Feier mit Freunden. Diese Stimmung ist nur durch das Erleben, letztlich mit dem Herzen zu bewahren. Und das geht für mich am besten unvermittelt, also ohne Handy, Fotoapparat und Kamera. Sie lenken mich oft ab oder binden meine Aufmerksamkeit. Denn während ich mit ihnen nach den schönsten Motiven und Momenten suche, verpasse ich sie dabei gleichzeitig. Ich bin nicht mehr ganz dabei, wenn ich schnell das Foto prüfe und noch eine andere Perspektive suche. Habe ich Burgen, Schlösser oder Bergketten vor der Linse, ist es sicher weniger bedeutsam. Wohl aber in Situationen mit Menschen. Dann habe ich womöglich das Foto, aber den entscheidenden Satz im Gespräch nicht direkt gehört. Oder das stolze Lächeln verpasst, das unserem Kind über das Gesicht huscht, wenn es allein auf den Baum geklettert ist.  Es bleibt mir wichtig, Fotos zu sammeln, aber ich versuche, immer mehr darauf zu achten, dass das Fotografieren nicht auf Kosten meiner inneren Bilder, meines emotionalen Eindrucks geht. Denn das sind dann die wirklich unersetzbaren ganz persönlichen Erinnerungen und inneren Bilder, die noch in Jahrzehnten mein Herz erfüllen, wenn ich mich schon lange nicht mehr an die Dateiformate erinnern kann, mit denen ich heute fotografiere.

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