Tränen der Wut
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Tränen der Wut

Clemens Weißenberger
Ein Beitrag von Clemens Weißenberger, Katholischer Pastoralreferent, Frankfurt

Mohandas Karamchand Gandhi wurde 1869 in Indien geboren. Sein hinduistischer Glaube prägte ihn. Er lebte gewaltlos, aß kein Fleisch und trank keinen Alkohol. Gandhi war in der Schule erfolgreich und studierte ab 1888 Jura in England. Dort lebte er den Hinduismus weiter, obwohl er als kastenloser geächtet und in der Gesellschaft seines Landes nicht mehr akzeptiert war, weil er im Ausland lebte.

In London lernte er fremde Religionen kennen und die Bibel. Ab 1891 arbeitete er dann als Rechtsanwalt in Südafrika für eine Wirtschaftsgesellschaft. Hier erlebte er zum erstmals Diskriminierung. Im Zug sollte er im Gepäckwagen sitzen anstatt in der ersten Klasse, für die er einen Fahrtschein hatte, Friseure und Ärzte wollten ihn nicht behandeln. Seine Geschichte als Weltveränderer begann. Er schrieb Aufsätze und kämpfte gegen die Diskriminierung der Inder.

1914 ging er wieder nach Indien, wo er "Mahatma", "große Seele" genannt wurde, obwohl Gandhi den Namen nicht mochte. Indien war unterdrückt durch die Briten, diskriminierende Gesetze schränkten die Bewohner ein. Gandhi widersetzte sich und rief zu gewaltlosem Widerstand auf. Alle Inder zogen sich aus der Öffentlichkeit zurück: Sie gingen nicht mehr zur Schule, ins Gericht und arbeiteten nicht mehr. Oft brach Gandhi immer wieder geltende Gesetze und musste ins Gefängnis. Weil er aber nie Gewalt anwendete, konnte man ihn nicht lange festhalten.

1930 rief Gandhi zum Salzmarsch auf, er forderte die Regierung auf, eine Nahrungsmittelsteuer abzuschaffen. Er lief 385 Kilometer, unterwegs schlossen sich mehrere Tausend Inder an, die sich durchsetzen: Die Steuer verschwand.

1947 wurde Indien unabhängig. Das Land aber war in das muslimische Pakistan und das hinduistische Indien getrennt, der Friedenskämpfer trat in einen Hungerstreik. Keine der beiden Seiten wollte seinen Tod verantworten. Deshalb wurde für kurze Zeit Frieden geschlossen. Mit dem Frieden aber kam der Hass gegen Gandhi von Anhängern beider verfeindeten Religionen. Ein fanatischer Hindu erschoss ihn am 30. Januar 1948. Gandhi vergab ihm sterbend.

Mich bestürzt Gandhis Tod heute vor 70 Jahren. Ich bewundere an Gandhi, dass er als Hindu die Bibel las, dass er begeistert von der Bergpredigt war, in der Jesus aufruft, Böses mit Gutem zu vergelten. Das hat ihn geprägt. Und dass er sterbend seinem Mörder vergibt, zeigt seinen radikalen Einsatz für Frieden und Versöhnung. Ich wünsche mir heute mehr von diesem versöhnenden Geist, in der Politik, in der Schule. Und denke, dass Friedfertigkeit etwas bewirken kann. Deswegen und auch wegen seines Erfolges ist Gandhi noch heute Vorbild – im Glauben und im Leben.

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