Liebeskummer
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Liebeskummer

Ksenija Auksutat
Ein Beitrag von Ksenija Auksutat, Evangelische Pfarrerin, Stockstadt

Eine Liebe endet. Meist zieht einer den Schlussstrich und geht. Wer verlassen wurde, leidet. An Liebeskummer. Und dieser Schmerz geht tief. Ich erinnere mich, als ich nach einer Trennung als Studentin wochenlang zu nichts mehr in der Lage war. Ich schleppte mich zwar zur Uni, aber ich bekam nicht wirklich mit, was dort gesprochen wurde. Tagsüber fühlte ich mich müde und schlapp, nachts fand ich keinen Schlaf. Immer wieder weinte ich meinem Freund nach, der sich von mir getrennt hatte.
Auch in der Bibel erzählt eine Frau von ihrem Liebeskummer. Sie vermisst ihren Freund, der einfach gegangen ist. Sie sagt: „Ich suchte ihn, doch ich fand ihn nicht; ich rief nach ihm, aber er antwortete nicht. Ihr Töchter Jerusalems, ich beschwöre euch: Wenn ihr meinen Liebsten findet, dann sagt ihm, dass ich krank bin vor Liebe.“ (Hoheslied 5,6b.8; BasisBibel)

Mitten ins Herz: Liebeskummer macht krank

Krank vor Liebe. So ging es mir damals, als mein Freund sich von mir getrennt hat. So geht es dieser Frau in der Bibel. Sie hat keine Kraft mehr, selbst aktiv zu werden. Darum bittet sie ihre Freundinnen um Hilfe. Das ist eine gute Idee. Denn Hirnforscher bestätigen heute mit wissenschaftlichen Methoden, dass der Liebeskummer tatsächlich ganze Hirnregionen lahmlegt. Die Folge ist genau das, was ich auch bei mir wahrnehmen konnte: Man fühlt sich antriebslos, kann sich über nichts mehr freuen, kann sich kaum zum Nötigsten aufraffen, das man zu tun hat.
Liebeskummer nennen viele Herzschmerz. Auch das stimmt wahrscheinlich. Das Herz ist nicht nur im übertragenen Sinn Sitz unserer tiefen Gefühle. Es ist selbst ein emotionales Organ, das Herz reagiert auf Stress und Hormonschwankungen. Es kommt vor, dass sich bei Liebeskummer die kleinen Herzkranzgefäße verkrampfen, obwohl sie völlig gesund sind. Untersuchungen zeigen dann die gleichen Veränderungen wie bei einem Herzinfarkt. Mediziner nennen dieses Krankheitsbild von Menschen mit einem tiefen Kummer „Broken-Heart-Syndrom“, also das Krankheitsbild des gebrochenen Herzens.
Kein Wunder also, dass ein Mensch mit Liebeskummer dringend nach Hilfe sucht. Ich habe mich darum auch auf die Suche gemacht, was gegen Liebeskummer hilft. Und was nicht.

Schmerztabletten oder Flucht und Verdrängung

Die erste Hilfe gegen Liebeskummer ist zwar sehr verbreitet, aber nicht wirklich hilfreich. Ich meine den Weg in Flucht und Verdrängung.
Psychologen wissen: Verlassen werden ist eine extreme Kränkung und ruft tiefste Versagensängste wach.
Vor allem Männer flüchten wohl deshalb nach einer Zurückweisung durch ihre Freundin oder ihren Freund. Eine Trennung wirkt auf sie wie ein verlorenes Spiel in der Endrunde der Champions League. Das Ego ist angekratzt.
Erstmal ist darum bei vielen Vertuschen und Verheimlichen angesagt: sich bloß nichts anmerken lassen, nicht über die Krise reden. Die negativen Gefühle betäuben, indem man sich in seine Arbeit stürzt, sich mit Alkohol oder mit einer schnellen Affäre tröstet.
Manche versuchen, möglichst bald eine neue Beziehung einzugehen. Aber wenn man die alte Beziehung nicht aufarbeitet, kann es passieren, dass man mit dem neuen Partner die alten Probleme wieder erlebt. Und der Vorsatz, es nun besser hinzukriegen, setzt einen selbst unter Druck – ebenso wieund den neuen Partner, die neue Partnerin auch, unter großen Druck.
Flucht und Verdrängung sind also keine wirklich gute Idee.
Was aber tun im Augenblick des ersten großen Schmerzes bei Liebeskummer?
Auf jeden Fall ist es gut, sich nicht nur zu verkriechen. Unter Leute gehen, Sport machen, mit anderen rReden. Manchmal hilft es, sich einem Außenstehenden anzuvertrauen.
Wie bei anderen Schmerzen auch kann ein Gang zum Arzt helfen. Es gibt ein gebrochenes Bein und ein gebrochenes Herz. Wir kennen verletzte Gliedmaße und verletzte Gefühle. Es gibt Hundebisse und bissige Bemerkungen. Also seelische Verletzungen, die Menschen krank machen. Insofern kann es helfen, bei Liebeskummer zur Ärztin oder zum Arzt zu gehen. Bitte nicht auf eigene Faust irgendwelche Mittel nehmen! Ein Arzt oder eine Ärztin ist der kompetente Mensch, mit dem ich besprechen kann, was die Symptome von Liebeskummer lindern kann, bis ich über die Ursache meines Herzschmerzes hinweggekommen bin.
Wer grundlegender über sich und seine Trennungserfahrung nachdenken möchte, kann eine Psychotherapie auf den Weg bringen. In vielen Fällen werden die Kosten dafür von der Krankenkasse übernommen. Und schließlich sind Pfarrer oder Pfarrerin als Seelsorger auch bei Liebeskummer mögliche Ansprechpartner.
Ich finde, es hilft bei Liebeskummer, sich an Gott zu wenden. Denn auch da bei Liebeskummer kommt für mich die Weisheit der Bibel in den Blick.

Ich bin wertvoll – was Gott einem Menschen mit Liebeskummer sagt

Ja, und was rät die Bibel bei Liebeskummer?
Die Bibel sagt, wir sind als Geschöpfe Ebenbilder Gottes (1. Mose 1,27), wir sind geliebt (1. Joh 4,16) und liebenswert. Gottes Liebe gilt jeder und jedem einzelnen. In der Bibel werden darum die Menschen mit ihren Gefühlen immer wieder unter diesem Vorzeichen der Liebe Gottes angeschaut.
Es gibt in der Bibel mehrere Geschichten, in denen ein Mann oder eine Frau verliebt ist. Dabei geht es meist ums ganz oder gar nicht. Denn die Bibel weiß: „Stark wie der Tod ist die Liebe, unersättlich wie das Totenreich ist die Leidenschaft. Sie entflammt wie Feuerflammen, wie der Blitz schlägt sie ein.“ (Hoheslied 8,6f BasisBibel)
Dass sich Menschen in Liebe zusammenfinden, steht unter dem Segen Gottes. Schon in der Schöpfungsgeschichte bewundert Adam die Frau Eva, mit der er in körperlicher Liebe verbunden ist. (1. Mose 2,21-24) Er sieht in Eva sein perfektes Gegenüber. Die beiden fühlen sich wie füreinander gemacht.
Die Grundlage für die Liebe ist in der Bibel immer Gott selbst. Egal, wie treulos Menschen handeln, Gott bleibt treu. Egal, wer einen zurückweist, Gott liebt jeden Menschen auf immer. Damit ist Gott auch eine treue Begleiterin bei Liebesleid.
Und ich finde, das hilft gerade bei Liebeskummer. Denn wer verlassen wurde und sich gekränkt fühlt, fragt sich: Was an mir ist falsch, was habe ich falsch gemacht, was hätte ich anderes tun sollen? Mit solchen Fragen bohrt man immer weiter in seinen schmerzlichen Gefühlen. Man schaut nicht auf das, was man an sich mag, sondern darauf, was der andere kritisiert oder vermisst hat.
So ging es mir auch damals in meinem Liebeskummer. Bis sich an einem Nachmittag eine Freundin zu mir setzte, mich kopfschüttelnd anschaute und sagte: „Dass du so gar keinen Stolz hast! Hör auf, dauernd an den zu denken. Denk lieber an dich! Du bist so eine tolle Frau!“
Das saß. Ihre Worte brachten mich wieder mit mir selbst in Kontakt. Was war eigentlich mit mir los? So kannte ich mich nämlich gar nicht. Ich habe dann allmählich begriffen, dass ich mich in meinen Gedanken von meinem Ex und seiner Entscheidung abhängig gemacht hatte. Und ich habe mich neu auf das besonnen, was mich ausmacht, auf meine Gaben. Meine Energie, meine Zuversicht.
Die Worte meiner Freundin waren wie die alten Zusagen des Glaubens: Du bist doch ein wunderbares Gotteskind. Mein Leben lang hatte ich im Vertrauen darauf gelebt, dass Gott mich liebt. Und ich habe erkannt, dass Gott mich auch in dieser Zeit nicht verlassen hatte. Ich bekam neue Achtung vor mir selbst.
Mir wurde damals klar: Die Liebe ist ein Geschenk. Sie ist unverfügbar, am Anfang, aber eben auch, wenn eine Liebe zu Ende geht. Wenn es ein Leben lang gut geht, gut. Wenn nicht, dann ist es auch gut. Denn dann war für den anderen oder für einen selbst etwas nicht in Ordnung. Ich bin und bleibe gerade dann in Gottes Liebe geborgen, ich bin auch in Zukunft liebenswert. Das ist das Rezept der Bibel gegen Liebeskummer.
Denn die Liebe Gottes zu uns Menschen ist unverbrüchlich. Mich selber wieder liebenswert zu sehen, das hat mir damals aus dem Liebeskummer herausgeholfen. So konnte ich hoffnungsvoll weitergehen. Auf dem Weg in ein Leben mit neuem Liebesglück.

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