Jesus in Thailand
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Jesus in Thailand

Ein Beitrag von Alrun Kopelke-Sylla, Pfarrerin, Echzell

Es knackte erst lange in der Leitung, bis Martins Stimme zu mir durchdrang. Man hört die Entfernung! dachte ich sogleich. Martin lebt in Thailand in einem Kloster, als buddhistischer Mönch auf Zeit. Seinen Job als Ingenieur in Deutschland hatte er vor einem Jahr aufgegeben, hatte seine Wohnung aufgelöst und viel verschenkt. In einem thailändischen Kloster war er ordiniert worden.

Sein Alltag als buddhistischer Mönch besteht meist aus Meditieren, er trägt die orangene Robe, und lebt von Almosen, die er von den Menschen im Dorf bekommt. Manchmal schickt sein Bruder Bilder rum und ich erfahre in ein paar Zeilen, wie es ihm gerade geht, ganz selten mal ruft er an.

Nun hatte ich ihn also persönlich an der Leitung. Er erzählte mir von Reisen, die er gemacht hatte, und wie er dabei an seine Grenzen kam, weil er alle Strecken barfuß lief. Er erzählt, wie oft er meditiert, aber auch, wie oft er dabei wegdämmert, weil die Temperaturen so schwülheiß sind. Er genießt es, dass der Alltag als Mönch so überschaubar ist: meditieren, im Kloster helfen, die Almosenrunde durchs Dorf.

Und dann kam ein Satz, der mich aufhorchen ließ. „Ich habe Jesus wiederentdeckt.“ sagte er. „Wie“, frage ich zurück: „Du hast in Thailand Jesus entdeckt?“ „Ja“, sagt er. „Ich habe dem Buddhismus viel zugetraut und viel probiert. Ich meditiere ja täglich. Aber irgendwie ist das wie eine lange Gebrauchsanleitung und ne Werkzeugkiste, die dir jemand zuwirft. Aber wenn du grad mitten im Dreck stehst, dann brauchst du keine Werkzeugkiste. Dann brauchst du jemand der neben dir steht. Der mit dir mitfühlt. Und wenn du dann weißt, dass der neben dir selber schon einmal bis zum Hals im Dreck stand, dann hat das ne andere Kraft.“

Ich staunte nicht schlecht. Damit hätte ich am wenigsten gerechnet. Dass Martin als Buddhist in Thailand ausgerechnet Jesus entdeckt.

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