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Advent im Alltag
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Advent im Alltag

Tanja Griesel
Ein Beitrag von Tanja Griesel, Evangelische Pfarrerin, Fritzlar
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Der Wecker klingelt früh. Natürlich. Es ist Dienstagmorgen. Ich bin die erste, die aufsteht. Das fällt mir eigentlich nicht schwer, aber die Bettwärme vermisse ich sofort. Nun folgt alles einer morgendlichen Routine: Schnell ziehe ich mir etwas über, wecke dann die Kinder, die sich stöhnend noch einmal in ihren Betten umdrehen. In der Küche stelle ich immer zuerst die Kaffeemaschine an. Heute fällt mein Blick auf den Esstisch. Dort steht unser Adventskranz. Grüne Tannenzweige und dicke rote Kerzen darauf. Ich kaufe jedes Jahr extra große Kerzen, weil ich mich so auf den Kerzenschein im Advent freue.

Der allererste Adventskranz hatte noch mehr als vier Kerzen. Der Theologe und Erzieher Johann Hinrich Wichern lebte vor rund 170 Jahren in Hamburg. In einem alten Bauernhaus nahm er arme und obdachlose Kinder auf und unterrichtete sie. Die Kinder lebten wie in einer großen Familie zusammen unter einem Dach. Im Advent ließ Johann Hinrich Wichern sie zum Singen zusammenkommen. Die Kinder fragten ihm dann Löcher in den Bauch: Wie lange dauert es noch bis Weihnachten? Da nahm Wichern ein großes Wagenrad und steckte für jeden Wochentag eine kleine und für jeden Adventssonntag eine große Kerze darauf. Jeden Tag konnten sie jetzt eine Kerze anzünden. Die Kinder waren glücklich. Denn je mehr Lichter brannten, desto näher rückte das große Fest.

Ich habe zwar nur vier Kerzen auf meinem Adventskranz, aber die dürfen nicht nur sonntags, sondern täglich brennen. Meistens zünde ich sie erst am Nachmittag an, wenn es draußen langsam dunkel wird. Aber was spricht dagegen, den Tag bereits mit Kerzenschein zu beginnen? Ich zünde zwei der Kerzen an und freue mich an dem flackernden Licht, während ich die Schulbrote schmiere. Die Kinder wundern sich nur kurz über die brennenden Kerzen, als sie in die Küche kommen. „Halbzeit“, sagt meine Tochter mit Blick auf den Adventskranz und freut sich. „Ja“, sage ich, „in zwölf Tagen ist Weihnachten!“

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