Trennungssegen

Trennungssegen

Dr. Peter Kristen
Ein Beitrag von Dr. Peter Kristen, Evangelischer Pfarrer und Studienleiter, Religionspädagogisches Institut Darmstadt

Sich trennen, das tut weh. Nach so langer Zeit. Sie kannten sich schon aus Schultagen und waren von da an immer zusammen. Alles war so harmonisch, so passend, perfekt. Dann sagt er, er hat auch noch andere Träume, er möchte noch einmal etwas anderes machen im Leben. Es geht nicht mehr, er will da raus.

Die Wise Guys, Deutschlands erfolgreichste a cappella Gruppe, hat sich in diesem Jahr getrennt. Ferenc und Clemens hatten sie schon früher verlassen. Sie konnten ersetzt werden, aber wenn nun Eddy geht, das haben alle gewusst, dann ist es aus.

Sie haben eine lange Abschiedstournee durch all die Hallen geplant, in denen sie den größten Teil ihres Lebens so gut wie zuhause waren. Ein Fernsehteam des WDR hat sie dabei begleitet. Geniale Idee. In den Interviews im Film sind die Gesichter der Wise Guys oft abgewandt und die Arme trotzig verschränkt. Sich trennen tut weh. Fragen kommen auf:

War das zwischen uns jemals eine wirkliche Freundschaft, wenn sie jetzt so endet? Was soll denn nun werden? Darf einer auch alle anderen zwingen, ihr ganzes Leben umzukrempeln? Ich war bei keinem der Abschiedskonzerte, obwohl ich ein großer Wise Guys-Fan war. In meiner a cappella Gruppe haben wir viele Jahre selbst ihre Lieder gesungen: „Jetzt ist Sommer“, alles im grünen Bereich“, Julia. So heißen die Lieder.

Ich weiß: sich trennen, das tut weh. Dann, beim allerletzten Konzert der Abschiedstour in Regensburg, als sich die fünf nach dem Konzert wie immer zum „Afterglow“ mit dem Publikum treffen, Autogramme schreiben und sich unterhalten, da stimmen die Menschen im Saal für die Wise Guys ein Lied an, ein altes Irisches Segenslied:

„Möge die Straße uns zusammenführen und der Wind in deinem Rücken sein.“ Da stehen sie, Publikum und Wise Guys, ein Glas in der Hand und alle singen gemeinsam. „Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.“ Da ist mir klar geworden: Segnen kann ich mich nicht alleine. Segen muss mir zugesprochen, für mich erbeten werden.

Der Segen, um den ich bitte, reicht weiter als aller Zorn, alle Verletzung, als Trennungsschmerz und Zukunftsangst. Gottes Segen umspannt mehr, als wir Menschen überblicken können. Er sieht die Vergangenheit, wärmt die Gegenwart und eröffnet Zukunft, trotz allem. Da wäre ich dann doch gerne dabei gewesen.

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