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Alle Arbeit ist Gottsdienst
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Alle Arbeit ist Gottsdienst

Claudia Rudolff
Ein Beitrag von Claudia Rudolff, Rundfunkpfarrerin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel
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Während unseres Urlaubes in den Bergen haben wir viele nette Leute kennengelernt: Einer der ersten Fragen bei solchen Begegnungen ist immer: Was machen Sie so beruflich? Ich erzähle dann von meiner Arbeit als Pfarrerin und erlebe, dass die meisten auch gern über ihren Beruf reden. Viele lieben ihn und ihr Lebensgefühl hängt nicht nur von dem Umfang ihrer Freizeit ab. Ihr Beruf  gibt ihnen das Gefühl, wertvoll zu sein, denn oft hängt mit ihm auch ihr Ansehen in der Gesellschaft zusammen. Das erfahren leider auch Menschen, die arbeitslos sind. Ohne bezahlte Arbeit haben sie nicht nur finanzielle Sorgen, sondern fühlen sich oft wertlos und nicht anerkannt.  Ich verstehe das und will sie nicht leichtfertig trösten und sagen: „Ach, der Beruf ist nicht so wichtig“. Schon als ich mehrere Jahre wegen unseren beiden Töchtern zu hause geblieben bin, musste ich mich manchmal mit abwertenden Bemerkungen auseinandersetzen: Auf die Frage: „Was machst du?“ antwortete ich: „Ich bin zu Hause“. Die Reaktion sah dann häufig so aus: „Ach, du arbeitest gar nicht?“

Das hat mich gekränkt. Mittlerweile habe ich auf diese Reaktion eine gute Antwort. Ich habe sie bei Martin Luther gefunden. Er schätzt alle Arbeit wert, egal ob sie bezahlt wird oder nicht. Er beschränkt den Begriff  nicht nur auf eine Berufstätigkeit. Er schreibt in der Kirchenpostille von 1522 sinngemäß: Alle Arbeit ist Gottesdienst und Dienst am Nächsten zugleich. Deshalb ist für Luther auch jede Tätigkeit und Arbeit gleich wertvoll: die Arbeit des Knechts im Stall ist ebenso so viel wert, wie die Arbeit eines Beraters am Fürstenhof, die einer Mutter ebenso wichtig wie die eines Fürsten oder Geistlichen. Martin Luther würdigt damit alle, die arbeiten und Hand anlegen. Und möchte ergänzen: Die Arbeit eines Menschen, der seine Mutter betreut, die dement ist oder der den Vater jeden Tag umsorgt, der bettlägerig ist, ist genauso viel wert wie die eines Managers in einem Konzern. Und die Arbeit einer Sekretärin ist genauso viel wert, wie die eines Vaters, der sich zu hause um die Kinder kümmert. Entscheidend ist nur, dass wir mit unserer Arbeit -egal ob bezahlt oder nicht-, anderen dienen und ihnen gegenüber verantwortlich handeln. Damit wird auch Gott geehrt. Vielleicht sagt jetzt einer: Schöne Worte, aber mir ist es nicht egal, ob meine Arbeit angemessen entlohnt bekomme, denn ich muss davon leben. Das will ich nicht schön reden, aber mein Blick verändert sich, indem ich Luther ernst nehme, der Arbeit ist Dienst am Nächsten, ist sogar eine Art Gottesdienst. Daran will ich denken. Der Wert unserer Tätigkeiten hängt nicht an der Entlohnung. Und wenn jemand im Urlaub auf meine Frage“ Was machen sie beruflich?, sagt: „Ich arbeite nicht, sondern bei daheim“, dann werde ich bevor ich antworte daran denken: Jede Arbeit ist Gottesdienst im Alltag der Welt- Mit dieser Einstellung möchte ich jeden Tag mit Freude und mit wachem Verstand meinen Aufgaben nachgehen –egal, ob ich dafür bezahlt werde oder nicht.

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