Alle Hände voll
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Alle Hände voll

Martin Vorländer
Ein Beitrag von Martin Vorländer, Evangelischer Pfarrer und Senderbeauftragter für den DLF, Frankfurt

Eine zusätzliche Hand könnte ich manchmal gut gebrauchen und das mehrmals pro Tag. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu sein, dass immer alles gleichzeitig passiert. Klingelt das Festnetztelefon, meldet sich garantiert im selben Moment auch das Handy zu Wort. In der Mittagspause führt man schnell noch den Hund Gassi, geht en passant einkaufen. Mit der einen Hand zerrt man an der Kasse den Geldbeutel aus der Hosentasche, mit der anderen Hand kämpft man mit den Einkaufstüten. Natürlich schrillt genau jetzt das Handy und der Hund vor dem Supermarkt fängt das Bellen an… Bitte, leih mir jemand eine zusätzliche Hand!

Kein Wunder, dass die Hand zu den Markenzeichen des Menschen gehört. Hände stehen schon in der Bibel für menschliche Kreativität. Sie sind das Werkzeug, mit der wir unsere Welt begreifen und so gestalten, dass sie handhabbar für uns wird. Jede Stärke hat ihre Schwäche: Das Wunderwerkzeug Hand kann dazu verführen, sich zu vergreifen, immer mehr und irgendwann viel zu viel anpacken zu wollen, bis man nicht nur alle Hände voll zu tun hat, sondern einem die Sachen ganz aus der Hand gleiten. Eine zusätzliche Hand, bitte! Im Alten Testament streckt Mose seine Hand über das Meer aus – und Gott lässt wie im Handumdrehen einen Wind brausen, der das Meer teilt. Das Rote Meer bekommt grüne Welle und das Volk Israel zieht trockenen Fußes aus der Sklaverei in die Freiheit. (2. Mose 14, 21 ff.)

So eine Befreiungstat könnte man täglich brauchen! Die Hand ausstrecken und die Einkaufstüten, die Mails, Anrufe und Aufgaben teilen, so dass man unbeschadet durch ihre Fluten hindurch kommt. Vermutlich wäre es gut, für einen Moment alles aus der Hand zu legen, so dass die Hände wieder frei werden für so einen Befreiungsakt. Die Hände mal ein bisschen in den Schoß legen, vielleicht sogar sie falten, was ja ausdrückt: Ich muss nicht alles alleine schaffen. Ich vertraue mich, meine Schaffenskraft, meinen Willen der Hand Gottes an. „Ora et labora“ lautet die Regel des Heiligen Benedikt. Bete und arbeite. Beides gehört zusammen. Alle Hände voll zu tun und die Hände frei machen, um von Gott her Neues aufzunehmen.

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