
Das Recht auf Gerechtigkeit
Eine Frau lässt reden. Sie heißt Beate Zschäpe und steht in München vor Gericht. Seit 2 ½ Jahren. Sie soll beteiligt gewesen sein an zehn Morden,
einer davon in Kassel. Seit Jahren schweigt sie zur Anklage. Jetzt lässt sie
ihren Anwalt reden, dass sie wenig Schuld habe, aber Reue. Immer wieder gab sie Schauspiele vor Gericht. Frau Zschäpe dreht sich weg, hadert mit ihren Anwälten, fühlt sich seelisch erschöpft, sucht neue Anwälte, lehnt die Richter ab. Ihre letzte Bühne ist der Gerichtssaal. Es wirkt wie Zirkus.
Ist es aber nicht. Es ist ihr Recht. Jeder Mensch hat ein Recht auf Gerechtigkeit. Auch der Täter, oder der Mörder. Auch Schuldige haben ein Recht auf Gerechtigkeit. Das wirkt oft bitter. Frau Zschäpe nutzt aber nur ihr Recht. Auch wenn anderen die Halsader schwillt oder man die Faust in der Tasche ballt - für jeden gibt es ein Recht auf Gerechtigkeit. Das ist heilig. Gott sei Dank. Deutschland kennt dunkle Zeiten. Da reichte ein Gerücht, um jemanden verschwinden zu lassen. Für immer. Es herrschte das Unrecht der Mächtigen. Das darf nie mehr sein. Lieber ertragen wir, dass Angeklagte ihr Recht nutzen bis zum letzten Winkelzug.
Jeder ist unschuldig, bis er verurteilt wird. Das muss uns heilig sein, auch wenn es wie Zirkus aussieht. Das Recht der Täter wirkt oft grausam für die Opfer: die Angehörigen der Toten, die Verletzten und die, die seelisch krank wurden. Es ist das Recht der Opfer, wütend zu werden. Es ist aber das Recht der Täter, gerecht behandelt zu werden im Sinne des Gesetzes. Sonst droht uns Willkür bei Tag und Nacht. Oder das Recht der Starken.
Da sei Gott vor. Er schafft Gerechtigkeit, hoffe ich. Für alle. Die Lebenden und die Toten. Gott ohne Gerechtigkeit ist undenkbar. Seinem Gericht entgeht niemand. So viel ist sicher. Und ein Glück für alle Opfer.