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Advent im fremden Deutschland
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Advent im fremden Deutschland

Bernd Spriestersbach
Ein Beitrag von Bernd Spriestersbach, Evangelischer Pfarrer i. R., Fulda

Für Thomas ist es der erste Advent im fremden Deutschland. 17 Jahre alt ist er. Und Flüchtling. Aus Eritrea kommt er. Thomas hat 4 Länder durchquert. Zu Fuß durch die Wüste. Mit dem Lastwagen weiter. Immer weiter. Über Italien ist er nach Hanau gekommen.

Auch Samuel und Tesfit, 19 und 16 Jahre alt, sind Flüchtlinge aus Eritrea.

Die drei besuchen die Integrations-Klasse an unserer Eugen-Kaiser-Schule. Deutsch sollen sie lernen. Sich einfinden in unserem Land.

Gemeinsam ist ihnen, dass jeder von ihnen allein hierhergekommen ist. Ohne Eltern. Ohne Freunde und Familie. ‚Unbegleitete jugendliche Flüchtlinge‘ so die offizielle Sprachregelung. In der Klasse gibt es weitere Jugendliche, die allein hier sind. Aus Afghanistan. Aus Syrien. Ihr Heimweh ist groß. Die Familie fehlt. Und das Zuhause.

In der Schule versuchen wir sie so gut es geht zu begleiten. Vater und Mutter, die Geschwister, können wir ihnen nicht ersetzen. Die Sehnsucht nach ihnen ist groß.  Tut weh.

Und jetzt erleben sie die Adventszeit hier bei uns. Die beleuchteten Straßen und geschmückten Wohnungen. Die vielen Lichter. Sicherlich schön und schwer zugleich für unsere Flüchtlinge.

Ich werde jedem eine Kerze schenken. Eine eigene Kerze. Ein Hoffnungszeichen: Das Licht vertreibt die Finsternis. Dafür steht der Advent. Gott kommt. Auch in meine Dunkelheit. Das glauben können ist das eine. Das andere ist, das auch zu erfahren. Dazu braucht es Mitmenschen mit Herz und Hand. Die mitfühlen. Die ganz konkret helfen. Vielleicht ihr Haus öffnen in diesen Tagen. Zu Weihnachten einen Gast einladen. Für Jesus ist das das Gebotene und Notwendige. Ein Werk der Barmherzigkeit. „…Ich war fremd…. und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt 25, 35).

 Thomas und den anderen wünsche ich, dass die Adventskerze ihr Herz wärmt. Beim Aushalten des Alleinseins hilft. Und wenn sie noch Menschen begegnen, die sie warmherzig aufnehmen, wäre das ein Stück erlebter ‚Advent‘. Was ja ‚Ankunft‘ heißt.

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