Dorothee Sölle - der Mensch kann sich verändern
„Der Mensch kann sich verändern“ dieser Satz war der Theologin Dorothee Sölle immer wichtig. Sie hat daran geglaubt, dass es Menschen möglich ist, ihr Leben zu verändern. Sie hat auch immer daran geglaubt, dass es möglich ist, die ungerechten Strukturen auf der Welt zu verbessern.
Dorothee Sölle, die heute vor 12 Jahren gestorben ist, war eine streitbare Theologin. Sie engagierte sich politisch in der Friedens- und Ökologiebewegung. Sie hat das Politische Nachtgebet mit begründet, in dem politische Anliegen ins Gebet genommen werden. Es wurde zu einem Vorbild für die Friedensgebete, die in der DDR mit halfen, die Mauer zu überwinden. Für viele Frauen ist Dorothee Sölle zu einem Vorbild als feministische Theologin geworden. Sie schrieb Gedichte und war zeitlebens an Fragen der Mystik interessiert.
Sie war eine Grenzgängerin. Genau das hat ihr theologisches Denken so fruchtbar gemacht. Und dazu gehört ihr Satz, dass der Mensch sich verändern kann. Damit hat sie die Botschaft Jesu ernst genommen. Er hat immer wieder dazu aufgefordert: Erneuert und verändert Euer Leben. Für Jesus war klar: eine lebendige Beziehung zu Gott kann das Leben verändern.
Heute wird in vielen Wissenschaften darüber nachgedacht, inwieweit es Menschen möglich ist, ihr Leben zu verändern. Früher ging man davon aus: Ein Mensch hat einen unveränderten Charakter, sobald er erwachsen ist. Das sehen viele Psychologen und Neurobiologen nun anders. Sie sagen: Der Mensch ist bis ins hohe Alter lernfähig und damit auch in der Lage, sich zu verändern.
Ich vermute, diese Erkenntnis hätte Dorothee Sölle gut gefallen. „Der Mensch kann sich verändern“ – für sie haben dazu zwei Dinge gehört: Zum einen: Vor sich selbst und vor Gott die eigenen Erfahrungen zu benennen. Für sie sind die alltäglichen Lebenserfahrungen nicht zu klein gewesen, um sie in ein Gebet einzuschließen. Es sind scheinbar die ganz einfachen Dinge, die ermöglichen, neue Erfahrungen zu machen und sich dadurch verändern zu lassen.
Und zum zweiten war sie überzeugt: Nur wenn das eigene Leid, der Schmerz, aber auch die Freude ausgedrückt und ausgesprochen wird, kann das einen Menschen verändern. Zu sagen: ja, dieser Schmerz, diese Angst gehört zu meinem Leben dazu. Dorothee Sölle hat das so erfahren. Sie hat damit nicht nur anderen Mut und Trost zugesprochen. Ich glaube, es hat Dorothee Sölle zu einem Menschen gemacht, der lebendig und ganz war.