Verantwortung

Verantwortung

Dr. Joachim Schmidt
Ein Beitrag von Dr. Joachim Schmidt, Evangelischer Pfarrer, Darmstadt

Die Enthüllungen über die furchtbaren Foltermethoden der amerikanischen CIA beim Kampf gegen den internationalen Terror haben viele Menschen erschüttert. Und jetzt zeigt sich Erstaunliches: Abgesehen von kleinen Fehlern will von den Verantwortlichen doch keiner so richtig die Verantwortung dafür übernehmen. Seit gestern wissen wir aus einem SPIEGEL-Interview: Sogar ein Ex-CIA-Psychologe, der die fürchterlichen Foltern mit ersann, selbst durchführte und damit viel Geld verdiente, weist jede Schuld von sich. Er sagte: „Es war eine politische Entscheidung. Es ging nicht um das, was ich möchte.“

Ja, so läuft das fast immer. Keiner will es gewesen sein. Und je schlimmer die Sache selbst ist, desto weniger ist man bereit, Verantwortung zu übernehmen. Aber bevor ich dazu komme, anklagend den Zeigefinger auszustrecken, merke ich, wie die restlichen Finger zu mir zurück zeigen. Na gut, ich habe niemanden gefoltert, halte mich an die Gesetze und zahle brav meine Steuern. Aber diesen Reflex kenne ich gut: Mich weg zu ducken, wo ich ehrlicherweise zu einer dummen Sache stehen sollte.,. Hatte ich nicht gute Gründe? Machen das nicht alle so? Und überhaupt: Waren es nicht sowieso immer die anderen?

Einfach die Flucht vor der Verantwortung ergreifen, das ist etwas, was uns Menschen offenbar sehr nahe liegt, in tausend Kleinigkeiten des Alltags. So wie man den herunter gefallenen Joghurt im Supermarkt eben mal so mit dem Fuß unter das Regal schiebt. Aus den Augen, aus dem Sinn. Es ist leicht, es ist billig, aber zugleich ist es weit weg von dem, wie eigentlich jeder Mensch doch gerne sein möchte. Aber ich denke: Gerade der Alltag wäre ein guter Trainingsplatz, Verantwortung zu üben. Damit man es vielleicht schon ein klein wenig gelernt hat, wenn es einmal wirklich darauf ankommen sollte.

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