Gespart wird ab morgen

Gespart wird ab morgen

Ein Beitrag von Sandra Matz, Pfarrerin, Evangelisches Gemeindenetz an der Nördlichen Bergstraße, Alsbach

Frau Schneider möchte nicht komplett schwarz tragen. Sie sagt: „Natürlich bin ich traurig, aber es ist nicht gut, wenn sich alles nur darum dreht. Es muss ja weitergehen.“ Frau Schneider ist jetzt Witwe. Vor nicht allzu langer Zeit ist ihr Mann überraschend verstorben. Über fünfzig Jahre waren sie verheiratet. Jetzt ist alles anders in ihrem Leben. Leicht ist es nicht, damit zu Recht zu kommen.

Neulich hat Sie mich nachmittags eingeladen. Den Tisch hat sie schön gedeckt mit Gebäck und Tee. Auf einem Servierteller steht in schwungvoller Schrift: „Gespart wird ab morgen!“ Frau Schneider sagt: „Den Teller hat meine Großmutter geschenkt bekommen. Der ist um die hundert Jahre alt.“ Ich denke: Damals waren die Zeiten schlechter als heute. Der Teller drückt seit Generationen aus: Auch in schlechten Zeiten soll man großzügig sein, mit dem, was man zu geben hat.

Dazu passt, dass ich auf dem Tisch neben dem Sofa ein Päckchen entdecke, das Frau Schneider gerade packt für ihren Sohn. Ja, sagt sie, und ihre Augen leuchten: „Kniestrümpfe zum Geburtstag meines Sohnes. Selbst gestrickt. Hundertfünfundvierzig Reihen, nur für die Beinteile. Da hab ich eine Weile dran gesessen.“ Mir kommt es so vor: Frau Schneider strickt sich langsam zurück ins Leben, Masche für Masche..

Heute ist Allerseelen. Ein Gedenktag für die Verstorbenen in der katholischen Kirche, wie der Totensonntag im November bei der evangelischen Kirche. Heute und dann denkt  man an all diejenigen, die uns lieb und wichtig waren und die nicht mehr unter uns sind.

Ich denke heute an Frau Schneider. Die trotz allem Schweren den Mut am Leben nicht verliert. Die das Leben wählt. Mit Gebäck und Tee. Und die nicht spart an Hoffnung und ihrer Zeit, die sie für andere gibt. Denn auch schon ihre Großmutter wusste: Gespart wird ab morgen!

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