Laotische Gelassenheit
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Laotische Gelassenheit

Ein Beitrag von Alrun Kopelke-Sylla, Pfarrerin, Echzell

Zum ersten Mal sollte es im Urlaub nach Asien gehen, in eine Gegend, die kulturell und religiös ganz anders geprägt ist. Ein bisschen machte mich das nervös. Ich habe mir einen Satz aus der Bibel ins Gedächtnis gerufen, der mir schon mal Kraft gegeben hat: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ Also, auf nach Asien.

Ich genoss dieses Land mit seinen sehr freundlichen Menschen. Einmal habe ich mir dort ein Mofa ausgeliehen. Man versicherte mir, das sei nicht schwer. Die ersten Meter fuhr ich problemlos. Dann wollte ich wenden, aber statt den Lenker zu drehen, zog ich aus Versehen den Gashahn voll durch. Mein Mofa schoss quer über die Straße und landete in einem Pfannkuchenstand. Ich war begraben von kaputten Stühlen.

Die Frau, die an dem Stand arbeitete, war sofort da, hob das Mofa auf und zog mich hoch. Sie hatte mich kommen sehen und war beiseite gesprungen. Sie deutete auf meine Beine, aber außer heftigen Prellungen war mir nichts passiert. Die Frau sortierte ihren Stand, bot mir einen Sitzplatz an und zählte, wie viele Plastik-Stühle kaputt gegangen waren. Etwas später kam jemand und übersetzte auf Englisch. Er erklärte: Eigentlich müsste ich jetzt im Tempel die Geister des Hauses um Verzeihung für die Störung bitten. Aber da das nicht meine Kultur sei, solle ich nur bezahlen - umgerechnet  fünfzig Euro. Davon würde die Frau neue Stühle kaufen und die Zeremonie im Tempel bezahlen.

Ich war erstaunt über die Gelassenheit der Frau. Ich hatte sie in Lebensgefahr gebracht, aber ich bekam keine Vorwürfe zu hören, kein „was hätte alles passieren können!“ Stattdessen ordnete sie ihren Stand neu. Das hat mir zu denken gegeben. Asiatische Gelassenheit. Die Menschen dort erwarten nicht, dass ein Tag glatt läuft. Was kommt, das kommt. Davon kann man sich eine Scheibe abschneiden. „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ – Was das praktisch bedeutet, habe ich ausgerechnet in Asien erfahren.

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