Ihr Suchbegriff
„Rücktritt eines Brückenbauers“

„Rücktritt eines Brückenbauers“

Ein Beitrag von Sandra Matz, Pfarrerin, Evangelisches Gemeindenetz an der Nördlichen Bergstraße, Alsbach

„Rücktritt eines Brückenbauers“, so kann man es heute in der Zeitung lesen. Nikolaus Schneider – der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland – sozusagen der „oberste evangelische Pfarrer“ gab gestern seinen vorzeitigen Rücktritt bekannt. Vor ein paar Tagen erhielt seine Frau eine Krebsdiagnose. Für Schneider folgt daraus eine klare Entscheidung: „Jetzt ist eine Zeit, da geht die Liebe zu meiner Frau vor dem Dienst, und das will ich auch so leben.“ Über vierzig Jahre sind die beiden verheiratet. Das Ehepaar weiß, dass das bevorstehende Jahr kein leichtes wird; da heißt es: zusammenstehen.

„Da geht die Liebe vor...“ Ich finde diesen Satz bewundernswert und mutig. Es tut so gut, wenn man einen nahestehenden Menschen so etwas sagen hört. Und wie mutig auch, der Liebe im konkreten Alltag Vorrang einzuräumen.

Das ist aber gar nicht immer so einfach. Sicherlich, in schweren Zeiten, wenn jemand  krank wird oder ein ernstes Problem zu schaffen macht, da ist man noch mal ganz anders herausgefordert. Aber auch schon im normalen Alltag ist es oft eine Zerreißprobe, sich wirklich Zeit für die Menschen zu nehmen, die einem am wichtigsten sind. Viele sind beruflich so eingespannt, dass oft nicht genug Zeit und Kraft übrig bleiben. Dabei würden die meisten von uns sicherlich den Satz unterstreichen: Die Familie ist mir wichtig! Freunde sind mir wichtig!

Manche fragen sich: „Wie viel arbeite ich?“ „Gibt es Zeiten, die nur für uns da sind?“ „Weiß ich eigentlich, was meinen Partner, meine Partnerin, meine Kinder oder meine Eltern gerade beschäftigt?“ Ich denke, es ist gut, diesen Fragen nachzugehen, auf sein Herz zu hören und Konsequenzen zu ziehen.

Ich bewundere Menschen dafür, die wie Nikolaus Schneider für ihre Familien nicht nur in Krisenzeiten da sind. Und der Liebe Vorrang geben. Egal, was sonst gerade auf der Agenda steht. Ich wünsche Nikolaus Schneider und seiner Frau für die vor ihnen liegende Zeit viel Kraft, Gottes Segen – und gute Unterstützung, wenn sie alleine nicht mehr weiterkommen.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren