Ein bisschen Lavendel
Bildquelle Pixabay

Ein bisschen Lavendel

Michael Becker
Ein Beitrag von Michael Becker, Evangelischer Pfarrer, Kassel

Überlegt hat sie lange. Entschieden ganz schnell. Britta gibt ihren Beruf im Büro auf und lässt sich umschulen zur Altenpflegerin. Sie sagt: Ich habe jahrelang Papier berührt, jetzt will ich Menschen berühren. Bei ihren Eltern hat sie erlebt, wie wertvoll gute, freundliche, auch fröhliche Pflege ist. Das will Britta jetzt selber tun. Sie kennt die Nachteile: Schichtdienst, weniger Geld, mehr Lasten auf ihrem Körper und ihrer Seele. Dagegen die Vorteile: viel Dankbarkeit, Menschenpflege statt Aktenpflege - und, sagt sie leise: ich berühre gern die alten, oft spröden Hände.

Britta redet nichts schön: Pflege ist anstrengend. Neulich beim „Ersten Deutschen Pflegetag“ (23. Januar 2014) lagen alle Probleme auf dem Tisch. Die Arbeit erfordert Kräfte. An Seele und Körper. Es fehlen Pfleger und Pflegerinnen, fast 30.000. Zu wenig Gehalt gibt es auch. Es werden schon Menschen aus anderen Ländern angeworben, Portugal oder China. Ich mache mir nichts vor, sagt Britta. Erst hat sie Ehemann und Kinder gefragt. Die haben ungläubig geguckt, zunächst. Dann aber an die Großeltern gedacht, die Pflege bitter nötig hatten. Wer leistet das in Zukunft, hat Britta sich gefragt? Wenn immer mehr Menschen immer älter werden; wenn jeden Tag etlichen die Sinne durcheinander geraten? Wer ist bei ihnen?

Ich will das machen, hat Britta schließlich gesagt. Überlegt hat sie länger, entschieden ganz schnell. Ich habe immer Papier berührt, sagt sie, jetzt will ich Menschen berühren. Pflege ist Gottesdienst. Britta zeigt, wie man Würde erhält und die Lebensleistung der Alten achtet. Indem man die ernst nimmt, die nur noch mühevoll leben. Ernst nehmen macht Freude. Die Alten danken es ihr.

Auch wer nicht mehr klar denken kann, fühlt jede Berührung. Gerne die von Britta. Ihre Hände duften so gut. Ein bisschen nach Lavendel.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren