Die Aufgabe, die einem das Leben stellt, annehmen

Die Aufgabe, die einem das Leben stellt, annehmen

Dr. Anke Spory
Ein Beitrag von Dr. Anke Spory, Evangelische Pfarrerin, Bad Homburg-Gonzenheim

Bettina Landgrafe ist eine deutsche Kinderkrankenschwester. Vor zehn Jahren ist sie das erste Mal nach Ghana gekommen. Sie hat dort ein christliches Hilfsprojekt unterstützt. Sie ist geblieben und hat sich weiter engagiert. In den vergangenen Jahren hat sie mit Spendengeldern dafür gesorgt, dass Menschen operiert werden, auch wenn sie dafür kein Geld haben. Gemeinsam mit den Bewohnern eines Dorfes hat sie eine Klinik aufgebaut, damit Frauen in einer hygienischen Umgebung ihr Kind bekommen können. Die Bewohner schätzen ihre Arbeit. Sie nennen sie „Nana“. Das ist in Ghana ungefähr die Stellung einer Königin.

Immer wieder gibt es Menschen, die sich durch ihren Glauben oder ihr christlich geprägtes Gewissen zu herausragenden Taten herausfordern lassen. Immer wieder gibt es Menschen, die ihren Einsatz für die Sache über ihre persönlichen Belange stellen. Die Kinderkrankenschwester Bettina Landgrafe ist nur eine von ihnen.

Bettina Landgrafe ist bestimmt für viele Menschen ein Vorbild. Ich bewundere das, wenn Menschen ihre Lebensaufgabe in den Dienst einer guten Sache stellen.

Doch ich frage mich, was heißt das eigentlich für meinen Alltag? Mein Alltag, der angefüllt ist von vielen kleinen Dingen, die gar nicht so spektakulär sind? Was heißt das für eine Mutter, die sich um ihre Kinder kümmert, die Wäsche wäscht, die dafür sorgt, dass das Essen auf dem Tisch steht. Was heißt das für einen Mann, der tagtäglich seine kranke Frau pflegt?

Martin Luther hat einmal gesagt: Diese alltäglichen Aufgaben sind, so wörtlich „mit göttlichem Wohlgefallen und Gold und Edelsteinen verzieret“. So ein Satz kann leicht missverstanden werden. Gerade Frauen wurden lange daran gehindert, andere Lebensaufgaben zu finden. Sie sollten sich nur um die Kinder und den Haushalt  kümmern.

So hat Martin Luther das aber nicht gemeint. Er wollte sagen: An dem Ort, wo du stehst, geht es darum, das zu tun, was ansteht. Niemand ist deshalb näher an Gott dran, weil er in herausgehobener Position ist. Oder etwas leistet, was viele auch zu Recht bewundern Für Gott spielt es keine Rolle, ob das außergewöhnliche  oder alltägliche Aufgaben sind. In erster Linie geht es darum, wie ich etwas mache, nicht was ich tue.

Das gefällt mir. Mein Alltag ist etwas wert. Entscheidend ist, die Aufgabe, die einem das Leben stellt, anzunehmen und auszufüllen. Das gilt für die Kinderkrankenschwester Bettina Landgrafe ebenso wie für mich oder den Mann, der seine Frau pflegt.

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