Macht der liebe Gott auch Urlaub?
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Macht der liebe Gott auch Urlaub?

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt

Kurz vor den Sommerferien fragt mich ein Mädchen aus der ersten Klasse: „Macht der liebe Gott auch Urlaub?“ Ein Kollege, auch Pfarrer, glaubt die Antwort zu wissen. Er hat im letzten Jahr dafür geworben, dass in den großen Ferien genauso viele Gottesdienste stattfinden sollen wie sonst. Sein Argument: „Der liebe Gott macht schließlich auch keinen Urlaub!“

Aber ich bin mir da nicht so sicher. Vielleicht nimmt er sich doch auch mal eine Aus-Zeit. In der Komödie „Bruce Allmächtig“ tut er es tatsächlich. Während seines Urlaubs überlässt Gott dem Egozentriker Bruce die Leitung der Welt... Und alles geht schief. Macht Gott also Urlaub? Hinter der Kinderfrage steckt für mich auch die Frage: Wie viele Pausen gönne ich mir selbst? Wie bekomme ich eine gute Balance hin zwischen Arbeit und Freizeit?

Als Gott die Welt in sechs Tagen geschaffen hatte, da „ruhte Gott am siebten Tag“. Das ist doch ein wichtiges Signal. Nicht nur einmal in der Woche soll der Mensch eine Aus-Zeit nehmen. In der Bibel ist Gott der Grund für viele Feste und Feiertage. Manche Feste haben sogar eine ganze Woche gedauert. Und alle sieben Jahre verordnet Gott den Menschen in Israel sogar ein Sabbatical, ein Sabbatjahr, eine wirklich längere Pause. Allerdings wurde das schon damals kaum umgesetzt. Aber ein freier Tag in der Woche und immer wieder längere Aus-Zeiten, ein gestuftes „Urlaubssystem“, das hat sich seit vielen Jahrhunderten bewährt. Es gab Versuche, zum Beispiel in Russland und Frankreich während der Revolutionen, eine 10 Tage-Woche einzuführen. Das Ergebnis war verheerend. Die Menschen waren völlig durcheinander und konnten sich an den neuen Rhythmus nicht gewöhnen.

Obwohl ich weiß, dass diese Pausen einfach göttlich sind, lebe ich oft anders. Atemlos und ohne Pausen. Mit vielen To-do-Listen im Kopf. In meinem Bekanntenkreis zählt unausgesprochen oft nur der, der einen vollen Terminkalender vorweisen kann und der Überstunden macht, um ganz wichtige Projekte fertigzubekommen. Und der Chef kommt als erster und geht als letzter. Da gilt es mitzuhalten. In Schweden gehen viele Geschäftsführer angeblich um 18 Uhr durch die Büroräume und schicken alle Mitarbeitenden nach Hause. Wer bis dahin nicht fertig ist, der organisiert seine Arbeit falsch. Und am nächsten Tag wird der Mitarbeiter nicht besonders gut arbeiten, wenn er sich nicht lang genug erholt hat.

Da ist ein richtiges Umdenken bei mir dran, glaube ich. Kann ich mich auch gut und richtig fühlen, wenn ich nicht ganz so viel schaffe und erledige und arbeite? Gott schätzt mich bestimmt für alles, was ich so am Tag leiste. Aber Gott möchte genauso, dass ich die richtige Balance zwischen Abarbeiten von To-Do-Listen und Ruhephasen für mich finde. Ich stelle mir vor: Gott ist sogar stolz auf mich, wenn ich mir heute mehr Pausen gönne als sonst.

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