Das eigene Glück finden

Das eigene Glück finden

Charlotte von Winterfeld
Ein Beitrag von Charlotte von Winterfeld, Evangelische Pfarrerin, Frankfurt

„Glück ist wie ein Maßanzug. Unglücklich sind meistens die, die den Maßanzug eines anderen tragen möchten.“ Hat Karlheinz Böhm mal gesagt. Er hat das wohl selbst in seinem Leben erfahren. Sein Vater war ein weltberühmter Dirigent, seine Mutter Sängerin. Er wollte erst Pianist werden, hat das aber nicht geschafft. Das war offensichtlich noch nicht der richtige Maßanzug. Karlheinz Böhm ist trotzdem berühmt geworden. In verschiedenen Etappen. Zuerst hat er in den Sissi-Filmen neben Romy Schneider den jungen österreichischen Kaiser Franz gespielt. Was habe ich diese Liebesromanze als Kind geliebt! Immer wieder konnte ich sie sehen.

Aber für seine weitere Schauspiel-Karriere haben die Sissi-Filme ihm mehr geschadet als geholfen. Sie hatten ihn festgelegt auf eine bestimmte Rolle. Da kam er heraus, indem er dann unbequeme Filme mit Rainer Werner Fassbinder gedreht hat. Danach hat Karlheinz Böhm seinem Leben noch einmal eine ganz andere Richtung gegeben. Fernsehberichte und Reisen nach Afrika hatten ihn mit dem Hunger und der Armut dort bekannt gemacht. 1981 hat er bei „Wetten dass“ viele Spenden gesammelt und seine Stiftung „Menschen für Menschen“ in Äthiopien gegründet. 360 Schulen wurden bis heute gebaut, 1800 Brunnen gebohrt, Kliniken eingerichtet, Kleinstkredite vergeben, damit Frauen selbstständig arbeiten konnten.

Karlheinz Böhm erreichte sogar, dass die Beschneidung von Mädchen dort verboten wurde. In Äthiopien war er als „Abo Karl“, das heißt Vater Karl, bekannt. Da weiß kaum einer von seiner Berühmtheit als Schauspieler. Er selbst aber begriff, dass ihm genau dies für seine Stiftung nutzte. So konnte er die Aufmerksamkeit von Millionen von Menschen auf Afrika lenken und immer wieder viele Spenden auf Vortragsreisen sammeln. Ich habe ihn als Schülerin selbst erlebt. Die Aula war brechend voll. Er wurde gefragt, ob er Glanz und Glamour des Films vermisst. Seine ehrliche Antwort: „Nein. Mir ist es lieber, ein Menschenleben zu retten.“ Vor zwei Monaten ist Karlheinz Böhm gestorben. Seine Stiftung wird weiter den Menschen in Äthiopien helfen.

„Glück ist wie ein Maßanzug. Unglücklich sind meistens die, die den Maßanzug eines anderen tragen möchten.“ Manchmal ist es gar nicht so einfach, den richtigen Maßanzug für das eigene Leben zu finden. Manchmal muss man dabei alte Träume zurücklassen. Oder das, was man sich zuerst für sein Leben vorgestellt hat. Bei Karlheinz Böhm war die Wende spektakulär. Aber sie hat genau gepasst. Als er in meine Schule damals kam, hab ich   gemerkt: „Der ist jetzt am richtigen Platz.“

Wenn ich an mein eigenes Leben denke, muss es nicht gleich so dramatisch sein. Ich glaube jedenfalls fest daran: Gott will auf keinen Fall, dass ich den Maßanzug eines anderen Menschen trage. Und keine falsche Messlatte anlege. Ich vertraue darauf: Gott hilft mir, in jeder Etappe meines Lebens einen Platz zu finden, an dem ich mich genau richtig fühle.

Weitere ThemenDas könnte Sie auch interessieren