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Gorbatschow

Gorbatschow

Michael Tönges-Braungart
Ein Beitrag von Michael Tönges-Braungart, Evangelischer Pfarrer, Bad Homburg

Heute vor 25 Jahren kam der sowjetische Staats- und Parteichef  Michael Gorbatschow zu Besuch nach Deutschland. Viele erinnern sich noch daran. Vielleicht vor allem an die Szene vor dem Bonner Rathaus. Ein kleiner Junge überreichte  Raissa Gorbatschowa Blumen, und ihr Mann nahm ihn auf den Arm. Ein russischer Staatschef mit einem deutschen Kind auf dem Arm, fröhlich und entspannt  in die Menge blickend – so etwas hatte man nie zuvor gesehen. Dieses Bild wurde ein Symbol für den Wandel in der Sowjetunion, für den Wandel in den Beziehungen zwischen Ost und West. Und nur gut drei Monate später fiel die Mauer. Hoffnungen erfüllten sich, die viele schon lange begraben hatten. Es schien in diesen Tagen, als ob die Welt besser geworden wäre. Frieden schien nicht  mehr nur ein Traum zu sein, sondern eine reale Möglichkeit.

Und es ist ja auch vieles besser geworden. Ich war dabei, als wir in den frühen achtziger Jahren vor einem Atomwaffenlager in der Nähe Mahnwachen und Friedensgebete abgehalten haben – heute gibt es dieses Lager nicht mehr, und die Waffen sind verschrottet. Der Kalte Krieg war ist zu Ende gegangen, und die Grenzen zwischen Ost und West sind nicht mehr unüberwindlich. Und vor allem Deutsche haben Grund, dankbar zu sein, dass die Teilung der Vergangenheit angehört.

Aber nicht alle Erwartungen  von damals haben sich erfüllt. Euphorie ist der Ernüchterung gewichen. Heute sind viele  besorgt, wenn sie die russische Politik im Blick auf die Ukraine verfolgen.

Der Frieden ist immer gefährdet – das wird  wieder deutlich. Es ist nicht immer einfach zu sagen, wer dafür verantwortlich ist. Und was zu tun ist, was die richtigen Mittel sind, um den Frieden zu bewahren.

In diesen Wochen hat die Evangelische Kirche in Deutschland das Amt des Militärbischofs neu besetzt – zum ersten Mal hauptamtlich.  Das könnte man missdeuten. So, als ob die evangelische Kirche die militärische Lösung von Konflikten befürworten und unterstützen würde.

Der neue Bischof Sigurd Rink kommt aus Hessen. Bevor er bald sein Amt antritt, hat Bischof Rink aber schon deutlich gemacht, wie er es verstehen will: Militärische Lösungen können nur die allerletzte Möglichkeit sein. Daran immer will er wieder  erinnern und sich dafür einsetzen, dass nach politischen Lösungen gesucht und die Entwicklungszusammenarbeit gestärkt wird.

„Selig sind, die Frieden schaffen, denn sie werden Gottes Kinder heißen“, sagt Jesus in der Bergpredigt (Matth 5, 9). Wie das geht, den Frieden zu schaffen und zu erhalten, darüber wird immer wieder gestritten werden. Kirche orientiert sich dabei an der Bergpredigt. Auch in den Gesprächen mit Politikern und Militärs. Wenn der Militärbischof dabei immer auch ein Friedensbischof ist, hat er sicher keine leichte Aufgabe. Aber eine, die alle Mühe lohnt.

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