Sich etwas zu Herzen nehmen
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Sich etwas zu Herzen nehmen

Ein Beitrag von Janine Knoop-Bauer, Evangelische Pfarrerin, Darmstadt

Du darfst Dir nicht immer alles so zu Herzen nehmen. Das ist ein Rat, den ich schon oft bekommen habe. Und er ist fürsorglich gemeint. Wer das sagt, fürchtet, dass mein Herz allzu arg strapaziert würde von zu viel Mitfühlen. Und dass ich dann traurig werde.

Aber ich will das nicht, mein Herz verschließen. Das, was in der Welt geschieht, die großen Sorgen der Menschheit und die kleinen der Menschen – beides beschäftigt mich. Ich denke, dass geht den meisten Menschen so. Auch sie wollen offen sein für das, was geschieht. Doch manchmal wünschte ich, dass mein Herz stärker wäre. In der Bibel heißt es einmal: Es ist ein köstlich Ding, wenn das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnadei.

Ja genau, das möchte ich: ein festes – ein gefasstes Herz. In der biblischen, orientalischen Tradition ist das Herz nicht allein der Ort für die Gefühle. Ganz im Gegenteil. Anders als in der abendländischen Kultur muss das Herz nach biblischer Vorstellung nicht mit dem Kopf konkurrieren. Das Herz ist vielmehr der Sitz von Verstand und Vernunft. Wer um ein festes Herz bittet, bittet damit um einen klaren Verstand.

Ein gutes Beispiel dafür ist Salomo, König von Israel vor bald dreitausend Jahren. Seine Weisheit ist bis heute sprichwörtlich. Ihm war ganz klar: Für kluge Ratschläge und vernünftige Entscheidungen brauche ich ein kluges Herz. Und so bittet er Gott zu Beginn seiner Amtszeit darum, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Wörtlich bittet er ihn um ein „hörendes Herz“, das gehorsam und fest an den Geboten Gottes hängt und sich nach ihnen richtet. Und Gott antwortet auf Salomons Gebet. Er verspricht ihm ein weises und verständiges Herz. Salomo soll sogar klüger werden als alle Könige vor ihm, damit er Recht sprechen könne -  im Sinn von Gerechtigkeit. Das tat Salomo dann auch. Zum Beispiel, als zwei Frauen zu ihm kamen. Sie stritten sich um ein Kind und jede behauptete, dass es ihr Kind sei. Salomon ordnete an, das Kind in der Mitte zu teilen, damit jede Frau ein halbes Kind haben könne. An der Reaktion der Frauen erkannte er die echte Mutter. Denn diese wollte lieber ganz auf ihr Kind verzichten, als es so sterben zu sehen.

Von Salomo wird erzählt: Er nahm sich die Sorgen seines Volkes zu Herzen. Vieles konnte er weise und klug entscheiden. Oft mit unorthodoxen Methoden. Gottes Gebote dienten ihm dabei als Orientierung und Richtschnur. Ich will mir auch weiter vieles zu Herzen nehmen, weil ich offen bleiben will für das, was geschieht. Für mich bedeutet das eben nicht,  in Mitleid zu zerfließen. Es bedeutet einen klaren Verstand zu haben, der hilft, die Dinge richtig zu beurteilen und zu guten Entscheidungen zu kommen. Nicht wegzuschauen, auch dann nicht, wenn das, was ich sehe, mich traurig machen könnte. So was zu erfahren, ein festes Herz,  das ist wirklich eine Gnade.

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